"Die große Chance": Ein Fernseh-"Opa" und Gentleman

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grosse Chance FernsehOpa Gentleman(c) ORF (Ali Schafler)
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Der ORF startete einen neuen Durchgang seiner Talenteshow "Die große Chance" - und hat mit Peter Rapp als Juror einen Glücksgriff getan. Der Unterhaltungs-Profi weigerte sich nur den lieben Onkel zu spielen

Wer hätte das gedacht, welche Talente die am Freitag neu gestartete Castingshow „Die große Chance“ so ans Tageslicht befördern würde? Ein Bauchtanz-Tarzan wand kunstvoll die Nabelzone, ein Austro-Brite stakste auf drei Beinen durch seinen schrägen englischen Humor, eine Jojo-Choreografie entpuppte sich als gar nicht so „altbacken“, wie es Rapper Sido erwartet hatte. Und dann outete sich der böse Bube der Jury auch noch als Hobby-Zauberer. Wär's nicht er, man würde es so spießig finden wie die stets etwas zu weiten Sakkos, an denen Sido jeden Zauberer auf den ersten Blick erkennt.


Sido, der Zauberer. Das mit dem verschluckten Bindfaden, der dann beim Auge wieder heraus kommt, wird Sido wahrscheinlich eher nicht daheim vor dem Badezimmerspiegel ausprobieren wollen. Dafür wurde der von den weiblichen Jurykolleginnen wegen seines doch etwas ekelhaften Kunststücks geschmähte Kandidat von Sido mit einem dicken Plus belohnt. Der genießt es offensichtlich, wenn er nicht immer nur den bösen Buben mimen muss – und sammelt trotz seines Images als Grantler vom Dienst immer wieder Pluspunkte mit unvermitteltem, beinahe herzlichem Charme. Dafür weigerte sich Unterhaltungs-Profi Peter Rapp – trotz aller bei ihm systemimmanenten Freundlichkeit –, durchgängig nur den lieben Onkel zu spielen, war dabei aber auch nie verletzend oder beleidigend. Nur authentisch.

Gut so! Schließlich ist er nicht nur Sidos Vorbild – als einer, der über Jahrzehnte als Marke in der schnelllebigen Fernsehwelt Bestand hat. Er ist ein Phänomen, das sich mit grauen Haaren und unerschütterlicher Unveränderbarkeit gegen den Trend zu immer neuen, immer jüngeren (oder zumindest gut gelifteten und gefärbten) Gesichtern durchgesetzt hat – und nicht wie Sepp Forcher oder einst Karl Moik in der volkstümlichen Ecke sitzt.

Ganz Gentleman, küsste Rapp beim Einzug der Juroren Ballerina Karina Sarkissova und Sängerin Zabine galant die Hand, bevor er bei Sido, der ihn amikal „Peterle“ nennen darf, einschlug wie ein Schulbub.


Gelungene Jury. Ein jeder spielte seine Rolle perfekt: Rapp (der Freundliche mit dem Bart), Sido (der Skeptiker mit dem Bart), Zabine (das Mädel vom Land) und Sarkissowa, die sich mit ihrem Bisexualitäts-Outing geschickt selbst vermarktet und ständig zwischen Prinzessin und Luder changiert. Sie bleibt ihrem fragwürdigen Humor treu, sorgt sich um die „Eierspeise“ in Männer-Lederhosen, weiß, dass es „in Russland kein Weib ohne Fell gibt“ und beleidigt Rapp, indem sie zu einem Kandidaten sagt: „Hör nicht, was der Opa sagt.“ Der ignoriert den Affront galant, nimmt Liebesbezeugungen von Kandidatinnen entgegen und beklagt den Jungfrauenmangel in der Zauberkunst. Was für ein Profi!!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2012)

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