Die ORF-„Sommergespräche“ waren sehr unterhaltsam – aber nicht viel mehr.
Etwas haben die fünf „Sommergespräche“ im ORF deutlich bewiesen: Armin Wolf ist zweifellos der beste politische Entertainer dieses Landes. Seine inquisitorische Art im Detail (bei Eva Glawischnig etwa, ob sie zu schnell gefahren ist), seine Unberechenbarkeit (als er Michael Spindelegger zu seiner aufgedrehten Körpersprache befragte), seine Unerschrockenheit (wer würde den Bundeskanzler schon mit dem Dritten Nationalratspräsidenten vergleichen?) und seine (gespielte oder ehrliche?) Empörung über unglaubwürdige Antworten („Sie sehen hier keinen Davidstern, Herr Strache?“) haben wirklich gute Unterhaltung geboten.
Dieses Format hat den „Sommergesprächen“ einmalig hohe Einschaltquoten beschert und sogar junge Menschen vor den TV-Schirm gelockt. Waren sie aber politisch relevant, haben sie wesentliche Neuigkeiten gebracht (außer, dass Werner Faymann den Taxischein besitzt)? Nein, das haben sie nicht.
Man könnte nun grundsätzlich diskutieren, ob das Fernsehen überhaupt das richtige Medium für inhaltliche politische Interviews ist. Zeitungen haben die Möglichkeit, langatmige Antworten zu kürzen und so die Gesprächsdramatik zu erhalten. Das TV muss sie übertragen.
Außerdem weiß man seit der Kennedy-Nixon-Debatte 1960, dass es im TV nicht so sehr darauf ankommt, was man sagt, sondern vielmehr darauf, wie man es sagt. Bei den kommenden US-Präsidentschaftsdebatten gesteht man den Kandidaten zwei Minuten zu, um Antworten auf Fragen nach der Nahostproblematik oder der Wirtschaftskrise zu geben. Das kann nicht mehr als Unterhaltung und Show sein.
Hätte Wolf die „Sommergespräche“ so geführt wie die (sehr gut gemachte) „Pressestunde“, hätte wahrscheinlich ein Bruchteil der Menschen eingeschaltet. Eigentlich wurde dieses Format unserer Politik durchaus gerecht: im besten Fall unterhaltsam, aber nicht wirklich gehaltvoll.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2012)