"Die große Chance": Die Show der Entschuldigung

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grosse Chance Show Entschuldigung(c) ORF (ALI SCHAFLER)
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Dominic Heinzl hatte sich nach der körperlichen Attacke des Jurors Sido geweigert, bei einer Live-Versöhnung mitzuspielen; das hielt Kathrin Zechner nicht davon ab, die Show der Entschuldigung durchzuziehen.

„It's gonna be alright“, sang der Chor der Kandidaten sinnigerweise, bevor der Rückblick auf den Vorfall begann, der so gar nicht „alright“ war: die körperliche Attacke des Jurors Sido auf den „Chili“-Moderator Dominic Heinzl vor zwei Wochen. Es sei eine „unendliche unerfreuliche Geschichte“ gewesen, die man nun „endgültig abschließen“ wolle, hieß es; es habe „Provokation auf beiden Seiten, nicht nur mit Worten“ gegeben.

So wurde das Opfer zum Mittäter erklärt: eine dubiose Form der Aufarbeitung. Heinzl selbst hatte sich geweigert, bei einer Live-Versöhnung mitzuspielen; das hielt ORF-Programmintendantin Kathrin Zechner nicht davon ab, die Show der Entschuldigung durchzuziehen. Peter Rapp, dem seine Rolle als alter Weiser des Entertainments, der das Leben gesehen hat, immer besser passt, erzählte, die beiden hätten einander im Büro des ORF-Unterhaltungschefs getroffen und seien beide „einsichtig“ gewesen: „So erledigen erwachsene Menschen ihre Schwierigkeiten!“ Der Eindruck blieb: Der Geschlagene musste das Feld räumen, der Schläger durfte bleiben.

Doch Sido, angetreten in grauer Weste, spielte seine Rolle überzeugend. Tränen in den Augen eines harten Mannes verfehlen ihre Wirkung nie. Den „jungen Leuten, die mir sehr am Herzen liegen“, wolle er ein Vorbild sein, sagte er und versicherte zweimal: „Das, was ich getan habe, war falsch.“

Dann ging die Show, die im Schnitt 773.000 Zuschauer sahen (+10 Prozent gegenüber der Vorwoche), weiter, mit dem gedämpft wirkenden Sido, der, man muss es bei aller Kritik an diesem ORF-Theater anerkennen, wirklich ein idealer Juror für diese Show ist: ein kritischer, nicht böser Onkel, der – im Gegensatz zu Dieter Bohlen im deutschen Pendant „Supertalent“ – nie hämisch wirkt. Als er der – wirklich begabten, erst 13 Jahre alten Singer-Songwriterin Nina Schwarzott erklärte, dass ihr Refrain nur als „Bridge“ (also als Zwischenstufe auf dem Weg zum Refrain) tauge, wirkte das nicht verletzend. Und war eine kluge, auf viele aktuelle Popsongs passende Beobachtung.

Dass sein Geschmack im außermusikalischen Bereich nicht der subtilste ist, zeigt sein herzliches Engagement für das supersimple Kabarettistenduo „Flo & Wisch“, das mit einer Chinesen-Persiflage antrat, wie man sie wohl spätnächtlich in Bierzelten schätzt. Mit Sidos Hilfe schafften sie es ins Finale, ebenso wie die volkstümlichen „Grabenlandbuam“, deren Waden die Jurorin Zabine „saugeil“ fand, und das Trio „Solid Tube“, das den Song „Zombie“ von den Cranberries mit einigem Gefühl interpretierte. Darin heißt es: „When the violence causes silence, we must be mistaken.“ Immerhin: Die Gewalttat war nicht schweigend übergangen worden an diesem TV-Abend. Und Sido glaubte man, als er seinem „geliebten Österreich“ sagte: „Ich bin froh, wieder hier zu sein.“ Na gut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2012)

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