Wenn das Confit zur Pastete wird

Der Dreiteiler „Das Adlon“ war aufwendig gemachte, aber insgesamt zu glatte Fernsehunterhaltung.

Das kleine Zitat hat sich der Regisseur nicht nehmen lassen: Im zweiten der drei „Adlon“-Teile fragt die Mutter Alma die Tochter Sonja, was sie denn lese. Der Zuseher kann es kurz darauf sehen: Sie blättert in einer Ausgabe der „Buddenbrooks“. Natürlich! Längst ist klar geworden, mit welcher Familiensaga des 20.Jahrhunderts Regisseur Uli Edel sein Werk verglichen wissen will.

Die Zutaten dafür hat er beisammen: ein altehrwürdiges Hotel im Herzen Berlins mit fast 100-jähriger Geschichte, eine Tochter aus gutbürgerlichem Haus, die von einem Hausangestellten ein Kind erwartet (der Klassenunterschied!) und dazu eine Liebe, die durch Weltkrieg, DDR-Zeit und eine Intrige jahrzehntelang verhindert wird. Da sterben viele Protagonisten, werden neue geboren, da wird geliebt, gehasst und hintergangen, wie es in Epen eben sein muss. Doch eine dramaturgische Wendung löst sich einfach nicht auf: Dass Hauptfigur Sonja Schadt nach der Abschiebung ihres jüdischen Mannes und der gemeinsamen Tochter kurz vor dem Zweiten Weltkrieg nicht aus Deutschland auswandert und ihre Familie sucht, versteht der Zuseher ebenso wenig wie Jahre später deren erwachsene Tochter Anna Maria: „Warum hast du Deutschland nicht verlassen?“

Wenn es in diesem zwar aufwendigen, aber insgesamt doch sehr glatt gebügelten Unterhaltungsfilm so etwas wie ein Subthema gibt, dann ist es die Frage nach der Schuld. Wird der Hotelier Louis Adlon schon zum Mittäter, wenn er dem Rat des NS-Ministers folgt, die Confit de Canard in der Speisekarte zur „Entenfleischpastete“ zu machen, weil dieser dann seine Parteifreunde ins Hotel schickt? Adlon weiß besser als seine Frau Hedda, dass auch ein apolitischer Hotelier nie unabhängig sein kann, schon der Vater hat die Unterstützung von Kaiser Wilhelm II. gebraucht. Gut, wenn diese Fragen angedeutet werden. Ärgerlich, wenn sie, wie in einer Szene die Vernichtung von sechs Millionen Juden, ganz nebenbei in süßlichem Geplänkel zwischen zwei Verliebten untergehen.

E-Mail: anna-maria.wallner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2013)

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