„Tatort" Österreich: Und ewig lockt das Paradies

Tatort 'Paradies'
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In „Tatort - Paradies" decken Bibi und Moritz am Sonntag in ORF2 einen Rentner-Schmuggelring auf: Altersarmut, gekonnt thematisiert.

Worum geht's?

Majorin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) eilt ans Krankenbett ihres sterbenden Vaters. Im schäbigen Altersheim muss sie Abschied nehmen - und erkennen, dass der mittellose Mann mit den anderen Pensionisten heimlich Medikamente geschmuggelt hat. Sie brauchen Geld, weil alle eines wollen: Weg aus dem Heim, wo sie vom drogensüchtigen Pfleger (Michael Ostrowski in seiner ersten „Tatort"-Rolle) tyrannisiert werden. Doch der anfangs eher harmlose Coup gerät zunehmend außer Kontrolle. Als die Sache aufzufliegen droht und der Auftraggeber seine Rentner-Gang in Pension schicken will, rechnet der Rädelsführer unter den alten Herrschaften (Peter Weck) mit seiner Familie ab, die er für sein Schicksal verantwortlich macht. Bis zur letzten Konsequenz.

Worum geht's noch?

Es geht um Altersarmut. Es geht um die zerstörerische Wirkung von Crystal Meth. Und es geht um die Folgen eines lieblosen, egoistischen Umgangs innerhalb der Familie, wo man einander straft, statt miteinander zu sprechen: Der Satz „Jeder kriegt, was er verdient", wird zum Schluss auf erschreckende Weise vollstreckt.

Wer ermittelt?

Für Adele Neuhauser wird es in der Rolle der Bibi Fellner diesmal besonders emotional. Nach vielen Jahren Funkstille zwischen ihnen kommt sie drauf, dass sie zu ihrem Vater doch eine tiefere Beziehung hat, als sie dachte. Harald Krassnitzer ist ihr als Chefinspektor Moritz Eisner nicht nur ein besonnener Kollege, sondern auch ein wahrer Freund. Schauplatz dieses „Tatort" ist das idyllische Mautern in der Steiermark.

Wird's brutal?

Kaum. Bibi und Moritz sind hier lange Zeit verdeckt am Werk. In „Tatort: Paradies" geht es weniger um handfeste Action als um psychologischen Schmerz.

Was gefällt?

Ein Austro-„Tatort" mit Pointen-Garantie: Bei aller Tragik fand Drehbuch-Autor Uli Brée auch Platz für einige erheiternde Bonmots. Das kriminelle Element ist zunächst nur ein kaum hörbares Hintergrundrauschen, das von Minute zu Minute lauter und eindringlicher wird. Neuhauser stattet Bibi Fellner mit einer menschlich überzeugenden Mischung aus emotionaler Weichheit und persönlicher Stärke aus. Die Gastrollen sind genial besetzt: Peter Weck als ehemaliger Fabriksdirektor, der es nicht ertragen kann, aufs Abstellgleis bugsiert worden zu sein. Michael Ostrowski als schmieriger, drogensüchtiger Seniorenpfleger. Und Branko Samarovski, der sich lieber undercover bei der Pensionisten-Gang einschmuggelt als bei der von seiner Frau verordneten Diät zu darben.

Wo hakt's?

Einzig am Ausstrahlungstermin. Am 31. August haben einige deutsche Bundesländer noch Ferien, darunter könnte die Quote etwas leiden.

Empfehlenswert?

Unbedingt! Und das nicht nur, weil dieser „Tatort" einem Teil der persönlichen Entwicklung der Bibi Fellner nachspürt - und die ist ja wohl die coolste unter den „Tatort"-Cops.

Wann?

Sonntag, 31. August, 20.15 Uhr, ORF2 und ARD

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