Der Schweizer „Tatort“: Mord, Affären und ein Whistleblower

Tatort
Tatort SRF/Daniel Winkler
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In „Verfolgt“ hat der Hauptverdächtige der Luzerner Ermittler schlimmere Feinde als die Polizei. Der neue „Tatort“ im „Presse“-Check.

Worum geht's?

„Tatort": Luzern. Eine junge Frau wird in einer fremden Küche tot aufgefunden. Todesursache: Genickbruch, im Gesicht Verbrennungen - sie wurde wohl an den Herd gedrückt. Ihr Ehemann hat offensichtlich kein dichtes Alibi. Eine weitere Frau fühlt sich von einem Auto verfolgt. Deren Gatte, Liebhaber der Ermordeten und IT-Fachmann für eine Privatbank, gerät in den Fokus der Ermittler - nur scheint er verschwunden zu sein, sein Handy lässt sich nicht orten, zur Arbeit ist er nicht erschienen. Seine Frau ist verzweifelt, die Ermittler ratlos. Dann stellt er sich plötzlich selbst - und behauptet, im Besitz geheimer Bankdaten von Offshore-Kunden zu sein. Er wird in die Psychiatrie eingewiesen, am nächsten Morgen ist auch er tot. Was ist dran an seiner Geschichte über Geldwäsche und dubiose Firmenkonstruktionen? Hat er sich wirklich selbst erhängt? Und wer hat nun seine Geliebte ermordet?

Wer ermittelt?

Die Schweizer Kommissare Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) sollen einen Mord aufklären, geraten dabei in eine spannende Geschichte voller Paranoia, Eifersucht, Affären und dubioser Bankgeschäfte. Was seltsam beginnt, wird noch seltsamer, als sich die Reihe der Toten füllt. Offiziell ein Selbstmord, doch das will Kommissar Flückinger nicht so recht glauben.

Wird's brutal?

Das Bild des blutüberströmten, verbrannten Gesichts der Ermordeten ist nichts für allzu sanfte Gemüter, auch der blau geschwollene Hals eines erhängten Mannes (ob nun durch Selbst- oder Fremdverschulden) kein rosiger Anblick. Die kalte Gewalt fügt sich herrlich in die Kulisse aus trostlosen Wohnanlagen, herbstlichen Seepromenaden und Bergpanoramen in grau ein. Schweizer Idylle mal von der dunklen Seite betrachtet.

Was gefällt?

Während der Spannungsbogen steigt, legen die Ermittler zunehmend selbst Hand an: Sie wühlen eigenhändig in Mülleimern, um das weggeworfene Handy des paranoiden IT-Spezialisten zu finden. Wenn seine ängstliche Frau des Nachts anruft, weil ihr Verfolger wieder da ist, rückt Flückinger höchstpersönlich zu ihrem Schutz aus. Dass sie bei ihren Ermittlungen um Diskretion gebeten wurden, weil ein wichtiger deutscher Politiker im Kanton zu Gast ist, ist den Kommissaren herzlich egal. Und so stürmt Kommissar Flückiger schon einmal eine Tafel, um sich einen Bankdirektor vorzuknüpfen.

Wo hakt's?

Was soll die Nebenhandlung mit den kläffenden Hunden, vor denen Kommissar Flückiger offensichtlich Respekt hat, die mit dem Fall aber nichts zu tun haben? Und dann geht es manchmal doch zu leicht, um realistisch zu sein - etwa wenn streng gesicherte Bankdaten innerhalb von Minuten entschlüsselt sind. Was die Polizei so alles kann!

Unsere Wertung:

4 von 5 Punkten für einen flotten, aufregenden Fall mit einigen Aha-Momenten, eingebettet in das wunderbar kalt ausgeleuchtete Schweizer Bergpanorama.

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