Sleeper Cell (RTL 2): Innenansicht einer Terrorzelle als Aufklärungs-TV

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Auch das ist Amerika: Ein gläubiger Muslim als Held im Zentrum einer US-TV-Serie. Auf klischeehafte islamistische Terroristen-Bösewichter mit langen Bärten wurde verzichtet.

„Besser als 24“, schrieb die New York Times 2005 über die TV-Serie „Sleeper Cell“, bevor diese im US-Fernsehen anlief. Doch nicht immer sind Vergleiche angebracht. Denn „Sleeper Cell“ ist vor allem eines: anders. Ein gläubiger Muslim steht im Zentrum der Serie – nicht als Terrorist und Bösewicht, sondern als Held – das gab es im 9/11-geprägten US-Fernsehen bis dahin nicht.

Womit wir auch gleich bei der Stärke, gleichzeitig aber auch der Schwachstelle der Serie angelangt wären. Der Blick ins Herz einer Zelle von „Schläfern“ auf US-Boden ermöglicht eine differenzierte Darstellung der Terroristen. Das Gut/Böse-Schema wird ausgehebelt. Die Macher von „Sleeper Cell“ sind um die Innenansicht einer Terrorzelle bemüht.

Psychologie statt Hi-Tech-Geplänkel

Wer auf Splitscreen und tickende Uhr wie bei „24“ wartet, wird enttäuscht. Die Serie des TV-Senders Showtime zeigt nicht nur die gewaltbereiten Terroristen, sondern versucht diesen auch die Aura des Monströsen zu nehmen. Wie banal mutet der Terroristen-Alltag an, wenn FBI-Undercover-Agent Darwyn al-Sayeed zur Tarnung als Supermarkt-Verkäufer sein täglich Brot verdient.

„Sleeper Cell“ schafft es in seinen starken Momenten, die Terroristen als Menschen wie du und ich darzustellen. Das ist letztlich viel erschreckender als das klischeehafte zur Schau stellen von islamistischen Terroristen-Bösewichtern mit langen Bärten.

Aufklärungs-TV für US-Serienjunkies

Andererseits ist „Sleeper Cell“ vor allem Aufklärungs-TV für US-Serienjunkies. So belehrt der gläubige Koran-Experte Darwyn seine Mitbürger wiederholt darüber, dass nicht jeder Muslim ein radikaler Islamist ist. „Diese Leute haben nichts mit meinem Glauben zu tun“, sagt Darwyn im Pilot-Film über die Mitglieder der Terroristen-Zelle.

Plakativ auch eine Szene in der U-Bahn. Als drei weiße Jugendliche einen Mann mit Turban anpöbeln und als „Osama“ beschimpfen, schreitet Darwyn entschlossen ein. Er schlägt zwei der Kerle nieder. Dann folgt erneut Aufklärung in Sachen Toleranz: Der Mann sei kein Moslem, sondern ein Sikh – Moslems und Sikhs würden sich seit 300 Jahren hassen, gibt Darwyn den Jugendlichen eine Botschaft mit auf den Weg, ehe sie fluchtartig den U-Bahn-Waggon bei der nächsten Station verlassen.

Multikulturelle Terroristenzelle

Die Schläfer-Zelle selbst präsentiert sich äußerst multikulturell, als perfekte Ausformung einer globalisierten Welt. Zellen-Anführer Farik leitet unter einer Tarnidentität ausgerechnet ein jüdisches Sicherheitsunternehmen. „Kenne deine Feinde“, weiht er Darwyn zu Beginn der Serie ein.

Auch die weitere Zellen-Mitglieder weichen in ihren Biografien vom Bösewichter-Einheitsbrei in TV und Kino ab: Da ist ein französischer Ex-Skinhead, der den „rechten Weg“ gefunden hat. Er chauffiert Touristen durch Hollywood und ist westlichen Frauen nicht abgeneigt. Da wäre aber auch noch der Bosnier Ilija, dessen Familie von Serben ermordet wurde. „Zu uns seid ihr damals nicht gekommen“, übt er Kritik an der US-Politik im Bosnienkrieg. Fehlen darf aber vor allem nicht der typische blonde Amerikaner, der mit islamischem Fundamentalismus gegen seine liberale Berkley-Mutter rebelliert.

„Ich baue ein Team heiliger Krieger auf“

Ein wenig seifenopernartig wird „Sleeper Cell“, wenn es um die Beziehung von Darwyn zu einer allein erziehenden Mutter geht, mit der er rasch im Bett landet. Zweifelhaft auch, ob ein Terroristenführer zu den Mitgliedern seiner Zelle tatsächlich Sätze wie „Ich baue gerade ein Team von heiligen Kriegern auf“ sagen würde.

Sleeper Cell läuft am 25. und 26. Juli um 20.15 Uhr und dann jeden Mittwoch um 20.15 Uhr auf RTL2

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