"Tatort": Moralischer Abgang in Frankfurt

Kommissar Steier geht in seinem letzten Fall einem ungewissen Ende entgegen - und legt am Weg eine Selbsttherapie zurück.
Kommissar Steier geht in seinem letzten Fall einem ungewissen Ende entgegen - und legt am Weg eine Selbsttherapie zurück.(c) HR/Degeto/Bettina Müller
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Joachim Król gibt in "Das Haus am Ende der Straße" das letzte Mal den Frankfurter Ermittler Steier - und sucht den Frieden mit sich selbst.

Unsere "Tatort"-Wertung:

3 von 5 Punkten.

Worum geht's?

Der Frankfurter Kommissar Steier ist richtig abgerockt: Wodka heißt sein Lebenselixir. Bei einer Ermittlung im Drogenmilieu wird auf ihn geschossen, aber die Kugeln treffen ein kleines Mädchen tödlich; als Steier gegen den Täter vor Gericht aussagt, wird er als nicht glaubwürdig abgestempelt - er hatte am Vorabend des Vorfalls getrunken. Der Täter wird freigesprochen, Steier kündigt seinen Job - er hat versagt, will wieder "Held im eigenen Film" werden. Dazu macht er sich mit geladener Pistole auf die Suche nach dem Freigesprochenen und spürt ihn auf, als dieser mit seinem Bruder und dessen Freundin in ein Haus einbricht. Steier und die drei Einbrecher treffen dabei auf den vereinsamten Poller - und der plant sein eigenes Spiel mit dem unwahrscheinlichen Vierergespann.

Worum geht's wirklich?

Kommissar Steiers letzter Fall ist einerseits Therapie für den von sich selbst enttäuschten Polizisten, der von Albträumen geplagt wird und den Tod des Mädchens und sein eigenes Versagen bei dem Vorfall nicht verwinden kann. Andererseits geht es - mal wieder beim "Tatort" - um Selbstjustiz; darum, was passiert, wenn die Guten böse werden und die Bösen (trotzdem) davonkommen. 

Wer ermittelt gegen wen?

Es ist Joachim Króls letzter Fall als grantiger, wenn auch liebenswerter Kommissar Steier. Seinen nicht besonders engagierten Kollegen und Saufkumpanen Seidel gibt Peter Kurth; den Kommissariatsleiter Schwarzenbacher spielt Axel Wandtke. Alles in allem: höchst männerlastig. Nina Kunzendorf war ja schon vor Król ausgestiegen.

Was gefällt?

Ein aufreibendes Stück: Sicher fühlen kann sich der Zuseher in keiner Szene, auch wenn (großartig ausgewählte) Musik und stimmungsvolles Farbenspiel oft anderes vermitteln wollen. Die Handlung nimmt unerwartet Wendungen - trotz eines klischeehaften Plots. Armin Rohde als Poller ist ein Ruhepol in dem flott geschnittenen Stück - und entpuppt sich dann als Meister des psychologischen Experiments. Kommissar Steiers finaler Fall bleibt bis zum Abspann spannend. Ein Fall mit vielen Überraschungen und sogar moralischen Ansätzen.

Wo hakt's?

Der Inhalt der Folge ist altbekannter Stoff. Es beschleicht einen das Gefühl, genau denselben Plot (alkoholkranker und einsamer Polizist kämpft gegen den Vorgesetzten, Selbstjustiz, Drogen, junge Täter, familiäre Schwierigkeiten, sexuelle Gewalt) schon in dutzendfacher Ausführung bei einem "Tatort" gesehen zu haben. Die Vorgeschichte hat außerdem ihre Längen: Fahrt nimmt der "Tatort" erst in der letzten halben Stunde auf. Oft wirkt der Schnitt zu hastig oder unzusammenhängend - die vielen Handlungsstränge verwirren den Zuseher ohnehin schon, die Zusammenhänge wirken oft zu bemüht gewählt.

Wie viel Schnaps ...?

Sehr viel Schnaps.

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