Berlin hat ein neues Ermittlerteam. Ihr erster Fall, "Das Muli", führt Rubin und Karow in die Drogenschmugglerszene - daneben beschäftigen sie aber auch ihre eigenen Geheimnisse.
Unsere Wertung für diesen „Tatort“:
4 von 5 Punkten
Worum geht’s in "Das Muli"?
Ein blondes Mädchen streift weinend und blutverschmiert, aber unverletzt durch die Straßen. Panisch ruft sie ihren großen Bruder an, der für sie aus einem geschlossenen Heim für straffällige Jugendliche ausbricht. In einer Ferienwohnung wird indessen eine Badewanne voller Blut gefunden, die Leiche aber fehlt. Der Sand auf der Matratze führt die Ermittler schnell zur Vermutung, dass hier Drogen im Spiel sind: Europäisch aussehenden Mädchen wird ein Luxusurlaub in Mexiko geschenkt, dafür sollen sie bei der Heimreise Kokain in ihrem Verdauungstrakt nach Deutschland schmuggeln. Eine der sogenannten „Mulis“ ist wohl tot. Die andere aber irrt noch durch Berlin – mit 100 Kondomen voller Koks im Darm.
Wer ermittelt?
Zunächst ein Spoiler, der eigentlich keiner ist: Das Schicksal des ehemaligen Berliner Ermittlers Felix Stark, der in seiner letzten Folge als „Tatort“-Kommissar angeschossen wurde, erfahren wir nicht. Dafür geht es neu los mit neuen Ermittlern, deren Schwächen uns gleich in ihren ersten Szenen präsentiert werden: Nina Rubin (toll gespielt von Meret Becker) verlässt spätnachts hüfteschwingend einen Club, geht eine dunkle Gasse entlang. Ein Typ folgt ihr, kurz raufen die beiden, dann haben sie ungezügelten Sex im öffentlichen Raum. Die Szene wäre wohl nicht notwendig gewesen, doch sie führt recht anschaulich in Rubins Persönlichkeit ein: impulsiv, rau und emotional. Sie nimmt beruflich die Dinge in die Hand, trägt aber zuhause eine Ehe- und Familienkrise aus. Ihr neuer Kollege Robert Karow (Mark Waschke) war früher im Drogendezernat tätig, bis sein Ermittlungspartner auf ungeklärte Art starb und aus der Spree gefischt wurde. Karow ist geheimnisvoll, eitel – und scheint etwas zu verbergen.
Was gefällt?
Die Ecken und Kanten des Ermittlerteams. Kein „Tatort“-Kommissar ist perfekt, diese beiden Ermittler sind wohl besonders vielschichtig und zerrissen. Sie hat ein verkorkstes Privatleben, er unterhält Kontakte zu so manchem Verdächtigen, unterschlägt Beweise, ermittelt hinter ihrem Rücken. Sie traut ihm nicht – was hat er wirklich mit dem Tod seines Kollegen zu tun? Schön ist auch, dass diese Geschichte nicht ganz aufgeklärt wird. Ähnlich wie bei amerikanischen Krimiserien ist die Erzählung horizontal – und dürfte sich über die nächsten Folgen noch aufbauen.
Lokalkolorit?
Berlin, schreit es hier förmlich aus jeder Szene! Kommissarin Rubin hat die berühmte Schnauze und wohnt im hippen Kreuzberg. Nächtliche Ermittlungsfahrten führen durch verwegene Gegenden, jugendliche Obdachlose lungern am Bahnhof Zoo. Auch das Schlamassel um den Bau des Flughafens Berlin Brandenburg findet in den Krimi, als sich die flüchtenden Geschwister in einem noch nicht eröffneten Hotel an der Flughafenbaustelle verstecken.
Wo hakt's?
Man kann es mögen oder nicht: Regisseur Stephan Wagner versucht wohl, die Reizüberflutung der Großstadt filmisch darzustellen. Die Schnitte sind unruhig, das Tempo schnell, dazwischen werden immer wieder Zeitraffer-Aufnahmen des nächtlichen Verkehrs eingeblendet. Zeigte der „Tatort“ mit den Kommissaren Ritter und Stark noch das gemütliche, ruhige Berlin, kommt jetzt das raue Pflaster durch. Eine Stadt mit Abgründen.
Die "Tatort"-Episode "Das Muli" wird am 22. März um 20.15 Uhr auf ORF 2 und in der ARD ausgestrahlt.