"Tatort" Hamburg: Überraschung gelungen, Hase tot

Tatort
TatortORF/Christine Schroeder
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„Frohe Ostern, Falke“ ist ein "Tatort" wie ein Kammerspiel. Wotan Wilke Möhring spielt diesmal nur eine Nebenrolle. Ostermontag, 20.15 Uhr, im ORF.

Unsere "Tatort"-Wertung:

2,5 von 5 Punkten

Worum geht’s?

Eine Chaotentruppe stürmt als "Bad Easter Bunnies" verkleidet im Hasenkostüm mit Springerstiefeln eine Charity-Veranstaltung, um die Honoratioren als Geiseln zu nehmen – und ihnen damit eine Lektion zu erteilen: Echtes Gutmenschentum schaut in den Augen der Burschen mit den irritierenden Masken anders aus. "Merkt Euch das!", zischen sie durch die aufgesetzten Hasenzähne. Wer sein Handy nicht abgibt, wer nicht spurt, der stirbt. Via Livestream lassen sie die Internetgemeinde an ihrer schaurigen Osterüberraschung teilhaben, die bereits Tradition hat und bisher stets gewaltfrei verlaufen ist (geschossen wurde mit Farbbeuteln). Doch was als böser Scherz mit gesellschaftlichem Anspruch gedacht war, läuft diesmal aus dem Ruder. Seit der neue Anführer dabei ist, fühlen sich die Gruselhasen auch nicht mehr ganz wohl in ihrer Haut . . . und als eine der Geiseln erschossen wird, stellt sich den Ermittlern bald die Frage: Warum ausgerechnet er?

Wer ermittelt?

Wotan Wilke Möhring hat in einem kleinen Seitenstrang der Story als Kommissar Thorsten Falke ganz kurz einen Moment der väterlichen Einsicht. Sein Sohn, der nichts von seinem Vater weiß, wird 15. Und der in dieser Angelegenheit völlig unbeholfene Falke lässt sich dazu hinreißen, zumindest ein Geschenk zu kaufen. Übergeben wird er es nicht. Und das würde er auch nicht, wäre seine Kollegin Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) nicht unter den Geiseln, was seine ganze Aufmerksamkeit fordert. Die beiden arbeiten diesmal quasi via SMS zusammen (Lorenz hat ihr Handy als einzige nicht den Geiselnehmern ausgehändigt), das macht die Sache nur leider nicht spannender . . . eher im Gegenteil.

Was gefällt?

Dass der Osterhase hier um eine diabolische Facette angereichert wird (auch wenn es sich nur um eine Verkleidung handelt), ist zumindest originell. Die Idee vom verschleierten Mord, für den sich ein paar schlaue Hintermänner die naiven Bunnies vor den Karren spannen, ist passend: Die Dummheit eines zwar gut gemeinten, aber sinnlos übertriebenen Aktionismus wird so noch klarer ersichtlich. Gleichzeitig wird die Verlogenheit der geschniegelten "besseren Gesellschaft" evident, die sich für die Anliegen, für die sie spenden soll, so wenig interessiert wie für ein laues Hasenfürzchen.

Wo hakt's?

Hier sind alle an zwei Schauplätzen festgenagelt. Es gibt das "Drinnen" (wo die Geiseln festgehalten werden) und das "Draußen" (wartende Polizisten, ein enger Ü-Wagen), womit viel der üblichen "Tatort"-Dynamik verloren geht. Dass die beiden Kommissare nur via SMS kommunizieren können, wirkt in diesem Kammerspiel wie ein Bremskraftverstärker. Wotan Wilke Möhring spielt diesmal nur eine Nebenrolle. Die wahre Dramatik spielt sich zwischen der gefangenen Kommissarin und einem der Geiselnehmer ab, dem langsam schwant, dass er sich aus Jux und Übermut in eine gefährliche Lage manövriert hat. Die Hintergründe des geplanten Mordes an der Geisel werden so marginal abgehandelt, dass man sich fragt, warum man diesen Schwenk dann überhaupt in die Story eingebaut hat.

Wie österlich ist dieser "Tatort"?

Gar nicht. Einmal abgesehen von einem riesigen Osterei, aus dem bei der Gala als Überraschung des Abends eine Tänzerin im sexy Playboy-Bunny-Kostüm springen wird (sie hat die ganze Zeit Musik gehört und von dem makabren Treiben nichts mitbekommen). Da schreckt sich einer der feigen Terroristen so, dass ihm aus Versehen eine Salve aus der automatischen Waffe entfleucht. Überraschung gelungen, Bunny tot. Wie gesagt: Gar nicht österlich.

Diesmal nicht am Sonntag, sondern Ostermontag, 6. April, 20.15 Uhr, in ORF 2 und im Ersten.

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