"Tatort" Frankfurt: Im Kuschel-Kommissariat

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TatortHR/Benjamin Knabe
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Die neuen Frankfurter "Tatort"-Kommissare lösen in ihrem ersten Fall "Kälter als der Tod" ein dunkles Familiengeheimnis. Und arbeiten ungewohnt konfliktfrei zusammen.

Unsere "Tatort"-Wertung:

4 von 5 Punkten

Bei Familie Sanders hat jemand ein Blutbad angerichtet. Der Vater liegt tot am Boden, die Mutter über den Esstisch gebeugt, halb in einer Blutlache, halb in der Frühstückszeitung. Aus dem Kasten hängt der leblose grüne Turnschuh des leblosen Sohns. Die Tochter fehlt, sie ist mit der jungen Nachhilfelehrerin der Familie verschwunden.

Damit beginnt "Kälter als der Tod", der erste Fall der neuen Frankfurter "Tatort"-Kommissare, gespielt von Wolfram Koch und Margarita Broich, der Lebensgefährtin des Burgschauspielers Martin Wuttke, der bis vor Kurzem im Leipziger "Tatort" ermittelte. Broich hatte während der Dreharbeiten für Diskussionen gesorgt, weil sie sich als Kommissarin Selma Jacobi nennen wollte – nach einer in Theresienstadt ermordeten Jüdin, an die ein Stolperstein vor Broichs Haus erinnert. Der jüdischen Gemeinde gefiel die Idee nicht, als "unpassend" und "befremdlich" wurde sie bezeichnet.

Erbstreit, Inzest, Synthiepop

Man nahm den Namen also zurück, Anna Janneke heißt die fürsorgliche Kommissarin nun. Sie hat zuvor die Berliner Polizei psychologisch beraten. Wen sie verhört, dem bietet sie zuallererst eine Tasse Tee an. Ihr Kollege Paul Brix war vorher bei der Sittenpolizei tätig. Er wohnt bei einer transsexuellen Gärtnerin (Zazie de Paris), ist zielstrebig und entschlossen, in der Früh aber zu nichts zu gebrauchen – vor seinem ersten Kaffee sieht der Morgenmuffel keinem Menschen in die Augen.

Kaum haben die beiden ihr Büro bezogen und den Griesgram des Kommissariatsleiters Riefenstahl (Roeland Wiesnekker) – "Bevor Sie fragen, wir sind nicht verwandt" ist einer seiner ersten Sätze – zu spüren bekommen, werden sie auch schon in den Fall der Familie Sanders hineingezogen. Es geht um einen Erbstreit, Inzest, alte Geheimnisse, lesbische Liebe und ein eigens für den Fall komponiertes Synthiepop-Lied. Drehbuchautor Michael Proehl und Regisseur Florian Schwarz, die Köpfe hinter den preisgekrönten "Tatort"-Folgen "Im Schmerz geboren" und "Weil sie böse sind", haben einen spannenden Fall voller optischer Effekte kreiert: Splitscreen, SMS poppen als Sprechblasen auf, beim Aufrollen der Vergangenheit nehmen die Tatverdächtigen die Kommissare mit an die sepiafarbenen Schauplätze des Geschehens.

Doch auch wenn die Folge "Kälter als der Tod" heißt, die Stimmung im Kommissariat ist eher kuschelig warm. Die Kommissare pflegen eine ungewohnt konfliktfreie Zusammenarbeit und scheinen auch privat keine wirklichen Probleme zu haben. Man ist ja von anderen "Tatort"-Teams fast gewohnt, dass Alkoholkonsum, Familienzwists, etc. die Ermittlungsarbeit beeinträchtigen. Was nicht ist, kann aber noch werden: In ihrem dritten Fall, der gerade gedreht wird, dringt ein freigelassener Mörder (Nicholas Ofzcarek) wieder in Jannekes Leben ein – sie hatte ihn mit ihrem pychologischen Gutachten einst ins Gefängnis gebracht.

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