"Tatort": In Münster ermittelt der "Bussibär"

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Jan Josef Liefers und Axel Prahl mimen als Professor Boerne und Kommissar Thiel diesmal als schwules Paar. Nicht sehr glaubwürdig, aber lustig.

Unsere Wertung für diesen "Tatort":

4 von 5 Punkten.

Worum geht's in "Erkläre Chimäre"?

Ein junger Mann liegt mit aufgeschlitzter Kehle in einer alten Schlachterei. Erst im Laufe der Ermittlungen stellt sich heraus, dass der Tote der Freund von Professor Boernes homosexuellem Onkel war, der in Miami lebt. Die beiden wollten in Münster Champagner aus dem Jahr 1829 verkaufen, den sie zufällig bei einem Tauchgang in einem alten Schiffswrack vor Kuba gefunden haben . . . Ein wahrlich irrwitzigen Plot also, bei dem man den Eindruck nicht los wird, die Autoren (Stefan Cantz und Jan Hinter) hätten einander einen wilden Wettstreit geliefert, wem die Wendung einfällt, die am weitesten hergeholt ist. Dass den beiden offenbar die Fantasie durchgegangen ist, führt zu amüsant-grotesken Momenten: Kommissar Thiel und Boerne spielen dem Onkel (von dem der Professor zu erben hofft) vor, sie wären ein schwules Paar – und necken einander bald auch ohne Publikum als „Bussibärchen“ und „Schatzi“.

Wer ermittelt?

Jan Josef Liefers ist als borniertes Pathologie-Genie Boerne eine Nummer für sich. Gleich zum Auftakt, als die Truppe noch die Beförderung von Kollegin Krusenstern (Friederike Kempter) ausgiebig mit Wodka feiert, gibt Liefers sich schauspielerisch brillant dem Suff hin – und weiß seinen Sarkasmus auch dann noch lallend, aber nobel in Latein zu formulieren. Axel Prahl ist als Kommissar Frank Thiel „handfest und kernig“, wie der Onkel nach einem prüfenden Blick erfreut feststellt – und nicht „so eine Prinzessin“ wie Boerne. Die Schwulen-Show, die die beiden ziemlich widerwillig und damit unglaubwürdig abziehen, persifliert auch ihr Verhältnis: Der Mediziner und der Ermittler zanken sich ohnehin ständig, als wären sie ein altes Ehepaar.

Was gefällt?

Liefers und Prahl inszenieren ihren Hick-Hack mit Hingabe und Humor. Sunnyi Melles gibt mit hauchzarter Flüsterstimme und verschleiertem Blick die Mutter eines Verdächtigen und verleiht diesem „Tatort“ damit einen Hauch von Tragödie. Meist überwiegt aber die Heiterkeit, gepaart mit Schadenfreude – was sonst darf man von Boerne erwarten, der den mit einem im Hals feststeckenden Canapé ringenden Thiel per Luftröhrenschnitt zurück ins Leben befördert. Der dankt ihm zwar nicht „auf Knien“, wie der Professor es gerne hätte – dafür mit jener tiefen Freundschaft, die dieses ungleiche Ermittler-Duo auszeichnet.

Wo hakt's?

Die Geschichte geht so unglaublich weiter, wie sie beginnt und endet sehr unplausibel. Dafür gibt es am Schluss noch eine nette Pointe, die der Frau Staatsanwalt (Mechthild Großmann) einen sehenswerten Lacher im Cruella-de-Vil-Raucherhusten-Sound entlockt. Die vier Punkte sind für das unterhaltsame Schauspiel - den einen Punkt Abzug gibt's für die Story.

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