Serie "1864": Krieg ist weniger sexy als Parlamentspolitik

1864 - Liebe und Verrat in Zeiten des Krieges (4)
1864 - Liebe und Verrat in Zeiten des Krieges (4)(c) Per Arnesen/ZDF
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TV. Arte zeigt ab heute die dänische Serie "1864 - Liebe und Verrat in Zeiten des Krieges". Ein etwas zu pathetischer Stoff rund um eine Dreiecksliebe.

Wenn es der deutsche Untertitel nicht verraten würde, wüsste man schon nach den ersten Worten der Erzählerin, womit man es in den nächsten Stunden zu tun bekommt: mit „Liebe und Verrat in Zeiten des Krieges“ vor und im Jahr 1864, das der Serie den Titel gab. Was klingt wie ein Roman von Gabriel García Márquez, ist die Geschichte eines Krieges, der für Deutschland und Österreich nur eine historische Fußnote ist (oder als Vorgeplänkel für den Deutschen Krieg 1866 gilt). Für die Dänen aber sind die deutsch-dänischen Kriege (1848/49 und vor allem 1864) bis heute die letzten, an denen sie aktiv teilgenommen haben – und sie haben bei ihnen sehr viele Menschenleben und Land verloren.

Die Serie beginnt kurz nach dem ersten deutsch-dänischen Krieg, 1851, im ausklingenden „Goldenen Zeitalter“ von Dänemark. Erzählerin Inge ist die Tochter eines Gutsverwalters im Küstenort Südfünen; die Brüder Peter und Laust wachsen auf demselben Gut in einer Bauernfamilie auf. Deren Vater (Lars Mikkelsen) kehrt mit einem wunden Bein aus dem Krieg zurück, bleibt aber auch als vom Krieg gezeichneter Mann ein aufrichtiger und herzlicher Vater, der die Interessen seiner Buben (er-)kennt. Dem jüngeren, sensibleren Laust schenkt er zum Geburtstag ein Pflanzenbestimmungsbuch, dem älteren, kämpferischen Peter überreicht er ein Schwert (wir ahnen, wer später im Krieg welche Rolle spielen wird). Zwischen Inge, Peter und Laust entwickelt sich rasch eine Freundschaft, die zu Liebe wird und dramaturgisch den Gegenpart zur rauen Kriegsgeschichte bildet.

Auf einer zweiten Zeitebene in der Gegenwart begegnet wir der schwer erziehbaren Claudia, die in traurigen Verhältnissen aufwächst (Bruder im Afghanistan-Krieg gefallen, Eltern daran zerbrochen und arbeitslos) und als Schulabbrecherin zur Pflege jenes grantigen, einsamen alten Barons geschickt wird, der heute auf dem Gut lebt, auf dem einst Inge, Laust und Peter aufwuchsen. Man verrät nicht zu viel, wenn man sagt, dass die beiden grantig-störrischen Individualisten, die da aufeinandertreffen, rasch einen Draht zueinander entwickeln. Schließlich liest Claudia dem alten Mann aus Inges Erinnerungen vor.

Zahlreiche bekannte Gesichter aus der dänischen Serienwelt tauchen in der achtteiligen Produktion auf. Sidse Babett Knudsen, die in „Borgen“ die Premierministerin gab, verkörpert eine einflussreiche Künstlerin. Pilou Asbæk, vielen bekannt als Polit-Berater Kasper, gibt den undurchsichtigen Sohn des Barons, der sich in Inge verliebt. Diese Inge hält auch die Serie zusammen. Fanny Leander Bornedal gibt die junge, kindliche Inge sehr überzeugend und herzerwärmend.

„1864“ erzielte bei der Ausstrahlung in Dänemark im Herbst Rekordquoten. Die mit 23 Millionen Euro teuerste dänische Fernsehproduktion ist aber eine schwere, streckenweise arg pathetische Kost. Sie wird wohl weniger leicht ein Massenpublikum außerhalb Dänemarks finden als die dänischen Krimi- oder Polit-Stoffe. Da werden auch die Stars in den Nebenrollen nicht viel daran ändern.

„1864“, ab Donnerstag auf Arte

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2015)

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