„Tatort“ Berlin: Illegale Vorzeigeausländer

Berlins „Tatort“-Kommissare Rubin und Karow lösen ihren zweiten Fall
Berlins „Tatort“-Kommissare Rubin und Karow lösen ihren zweiten Fall(c) rbb/Volker Roloff
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Die neue Berliner „Tatort“-Folge „Ätzend“ erzählt auch eine episodenübergreifende Geschichte – das wirkt konstruiert. Der aktuelle Fall bleibt so ein wenig auf der Strecke.

Unsere Wertung für diesen „Tatort“:

3 von 5 Punkten

Worum geht's in „Ätzend“?

Auf einer Baustelle werden zwei Leichen gefunden: ein Mann in einem Fass voller (schlecht gemischter) Schwefelsäure, ein anderer Mann in Plastik verpackt. „Ätzend“ ist ein doppelter Fall: Die Leiche in der ätzenden Flüssigkeit führt die Berliner Ermittler zu einer Familie aus dem Iran. „Eigentlich so Vorzeigeausländer“ nennt Kommissar Robert Karow (sprich: Karo) den Zahntechniker Saed Merizadi, seinen 16-jährigen Sohn Arash und seine hochschwangere Frau Elmira. Nur leben die drei – bald vier – illegal in Deutschland. Um nicht abgeschoben zu werden, hat Saed Merizadi die Identität seines verschwundenen Bruders angenommen – der nun eben (aus ätzender Flüssigkeit) unerwartet wieder aufgetaucht ist. Die andere Leiche weist einen Kopfschuss auf und führt in die jungere Vergangenheit von Karow: der war zugegen, als sein ehemaliger Partner erschossen wurde. Das war bereits in der ersten Folge des neuen Ermittlerteams namens „Das Muli“ ein Thema. „Ätzend“ dreht den Fall noch weiter: Karow zählt nun zum Kreis der Verdächtigen. Der Kommissar wiederum glaubt an eine Intrige hinter dem mysteriösen Todesfall.

Wer ermittelt?

Die Berliner Kommissare Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke) mögen und – das ist noch wichtiger – vertrauen einander nicht. „Wenn mir jemand ans Bein pinkelt, ist mir das Geschlecht egal“, sagt Karow über seine Partnerin. „Ich arbeite nicht gerne mit Ihnen zusammen, aber Ihre Alleingänge mag ich noch weniger“, sagt Rubin zu ihrem Partner. Die beiden sind schwierig, auch im Privatleben. Rubin wurde von ihrem Mann verlassen, versucht ihn aber zurückzugewinnen. Karow lädt sich einen jungen Mann über Nacht ein, soll aber eine Affäre mit der Frau seines Ex-Partners gehabt haben.

Saed Merizadi (Husam Chadat) und sein Anwalt (Matthias Bundschuh) beim Verhör durch Nina Rubin.
Saed Merizadi (Husam Chadat) und sein Anwalt (Matthias Bundschuh) beim Verhör durch Nina Rubin.(c) rbb/Volker Roloff

Was gefällt?

Rubin mit ihrer „Berliner Schnauze“ und Karow mit seiner schnellen Auffassungsgabe sind durchaus Charaktere. Ihr jüngster Fall führt in verschiedene Berliner Welten: von der Familie, die sich versteckt halten muss, bis zur Kleingartenoma, die sagt: „Mit Ausländern haben wir keinen Kontakt“. Auch die Nebenfiguren haben das Potential zur Tiefe, allen voran Rubins Vater, der einen Boxclub betreibt. Der euphorische Knut von der Spurensicherung darf das nächste Mal einen längeren Auftritt haben: „Wollt's euch das ankieken?“ fragt er fröhlich, als hätte er nicht gerade eine halb verätzte, stinkende Leiche gefunden, sondern ein Osternest.

Woran hakt's?

Die Intrige samt Mord, der Karow angehängt werden soll, wirkt gar konstruiert. Da taucht plötzlich ein Video des Toten auf, das den Mörder zeigen soll. Aber wer ist das und welchem Zweck dient seine Tat? Das alles bleibt vage. Dieser zweite, episodenübergreifende Fall ist weniger Komplott als Kompott – aus vermanschten Versatzstücken von übrig gebliebenen Früchten der Autorenfantasie.

Wie politisch ist der Fall?

Leider zu vordergründig politisch. Eine gut integrierte Familie ist von der Abschiebung in den Iran bedroht. Das Schicksal berührt – und würde noch mehr berühren, käme die Botschaft nicht gar so sehr mit dem Holzhammer daher.

Die "Tatort"-Episode "Ätzend" wird am 15. November um 20.15 Uhr auf ORF 2 und in der ARD ausgestrahlt.

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