"Tatort": Flucht in den Tod

"Tatort" - "Im gelobten Land"ORF
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Die Episode "Im gelobten Land" zeigt, wie schwer sich die Fiktion mit der grausamen Realität von Flüchtlingselend tut. 21. 2., 20.15 Uhr, ORF 2.

Unsere Wertung:

3 von 5 Punkten

Worum geht’s in „Im gelobten Land“?

Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare), die beiden "Tatort"-Ermittler aus Stuttgart, bewachen auf einem Parkplatz mit einem Kollegen von der Drogenfahndung einen LKW. Als niemand kommt, um die verbotene Ware abzuholen, öffnen die drei den LKW - und finden darin 23 tote Flüchtlinge, die erstickt sind. Kurz darauf stellt sich heraus: Hätten die Ermittler den LKW gleich untersucht und geöffnet, wären die Opfer noch am Leben . . .

Worum geht’s noch?

Es geht um Schlepper, die sich einreden, den Menschen, die sie illegal ins Land schleusen, Gutes zu tun (engagiert dargestellt von Edita Malovčić und Sascha Alexander Geršak als kriminellem Geschwisterpaar). Es geht um Geschäftemacherei, brutale Ausbeutung. Und es geht um die wichtigste Nebensache in der Stuttgart-Reihe: Sind Lannert und Bootz nur Kollegen - oder sind sie Freunde? Ihre ständigen Alleingänge (diesmal ist Lannert dran, der sich in ziemlich unprofessioneller Manier sogar als Geisel nehmen lässt, um das nächste Flüchtlingsdrama zu verhindern) lassen auf ersteres schließen. Die Sorgenfalten des jeweils anderen lassen aber doch eine wahre Freundschaft vermuten (und man fragt sich, warum die beiden Dickköpfe sich das eigentlich nicht eingestehen wollen).

Diese Realität kann man nicht überzeichnen

Als im August 2015 in Österreich ein LKW mit erstickten Flüchtlingen entdeckt wurde, hat die Öffentlichkeit schockierende Bilder zu Gesicht bekommen. Bilder, die man nicht nur im Kopf behielt - sie schlugen einem auf den Magen und trafen ins Herz. Dieser "Tatort" zeigt, wie schwer sich die Fiktion mit solch heiklen Themen tut. Einerseits werden Tote in einem LKW gezeigt - aber sie können nicht so tief rühren wie die aufwühlenden Fotos der zusammengesunkenen Opfer, die im August für Diskussionen sorgten. Drehbücher neigen dazu, Dramen zu überzeichnen, um sie noch packender zu erzählen. Dieses Drama kann man aber nicht überzeichnen - und so bleibt alles eine Art Abziehbild.

Was noch?

Lannert lässt mehr als eine Gelegenheit fahren, um die Helfer der Schlepper dingfest zu machen. Und Bootz ballert einen Mann vom Dach, der eigentlich genauso gut ein Scharfschütze der Polizei sein könnte. Eigenartig.

Unterm Strich

Da wurde ein knallhartes Thema von trauriger Aktualität in einen eher unwahrscheinlichen Krimi-Kontext gegossen. Eine verpasste Chance.

21. 2., 20.15 Uhr, auf ORF 2 und im Ersten

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