"Tatort": Mit Nora Tschirner zur Enthaarungs-Folter

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Fall Nummer drei für die amüsanten Weimarer "Tatort"-Kommissare: In "Der treue Roy" ermitteln Dorn und Lessing nach einem Mord im Stahlwerk.

Unsere Wertung:

Tragikomische 8,5 von 10 Punkten

Worum geht's in "Der treue Roy"?

Ein Toter im Stahlwerk gibt Rätsel auf: Ist Roy freiwillig in die glühende Schlacke gesprungen oder hat jemand nachgeholfen? Gründe für beides gäbe es einige: Er ist dafür verantwortlich, dass der Verlobte seiner Schwester zum Einbeinigen wurde (und von den Kollegen fortan "Flamingo" genannt wird). Er hat angeblich den Lotto-Jackpot geknackt (und keiner weiß, wo der Wettschein ist). Und er hat sich in eine Prostiuierte verliebt, die er von ihrem Zuhälter freikaufen wollte - hat aber nicht geklappt.

Wer ermittelt?

Es ist der dritte Fall für das Ermittlerduo Kira Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen). Die beiden Kommissare aus Weimar gehören nicht nur zu den interessantesten "Tatort"-Paaren (dabei sind sie ja schon zusammen), sie haben auch die schlagfertigsten Dialoge und die netteste Situationskomik im Drehbuch stehen. "Ich habe ja immer noch Augen wie ein Luchs", brüllt der Opa des Toten vergnügt und streckt seiner Enkeltochter stolz die Jagdbeute entgegen (dort baumelt statt eines Hasen jedoch ein toter Terrier) - "Ja, und Ohren wie ein Lachs", mault ihm Dorn hinterher. Lessing wiederum sorgt mit Zitaten von Goethe und Kierkegaard für Verwirrung, outet sich als früher Kakteen-Sammler (da ist künftig viel Luft für verbale Spitzen seiner Partnerin drin) und ist zum ersten Mal das, was man bei uns schmähstad nennt: Angesichts der Dreistigkeit des Schicksals, das den titelgebenden Roy ereilt, fällt sogar ihm kein passendes Tröstungs-Zitat ein.

Ja gibt's denn so was?

Nein, so ein Schicksal gibt's nicht. Hoffentlich. Ohne zu spoilern lässt sich das vorab schwer erklären. Nur so viel: Man kann verstehen, warum sich Roy umbringen will. Und das gleich mehrfach. Und warum er zitternd fragt: "Bin ich endlich tot?" Aber das Schicksal hat kein Erbarmen mit Roy, der einen Hauseinsturz überlebt hat und von den Medien den Beinamen "Mann aus Stahl" erhalten hat. Für die doch recht dick aufgetragenen Inhalte der Kategorie Das-gibt's-doch-gar-nicht gibt's dann doch etwas: nämlich einen kleinen Punkteabzug (s. o.).

Was macht Tschirner bei der Beauty?

Nachdem Roys Schwester einen Beauty-Salon betreibt, recherchiert Dorn auch dort und lässt sich - quasi undercover - das volle Programm aufschwatzen, um von den Kosmetikerinnen mehr zu erfahren. Also, mit der Feuchtigkeitsmaske sieht Tschirner aus wie eine sich gerade selbst auflösende Persiflage auf die vermummte Frau in "Ich seh ich seh". Der Horror beschränkt sich dann aber doch aufs Erträgliche: Als die Mädels spitz kriegen, dass ihre Kundin sie ausfragen will, rächen sie sich branchenspezifisch - und ziehen die Warmwachsstreifen samt Haaren in quälender Zeitlupe von den Waden. Allerdings: Am Ende sieht Tschirner toll aus - Zeitlupen-Auftritt à la "Germany's Next Topmodel" inklusive. Klug, lässig, humorvoll und schön - wenn da nicht den Drehbuchautoren die Fantasie durchgegangen ist . . .

"Der treue Roy": 24. 4., 20.15 h, in ORF 2 und im Ersten

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