Thiel bekommt eine Tochter, Boerne versucht sich in der Jagd: Alles beim Alten? Der "Tatort" aus Münster versucht sich im Fall "Fangschuss" einmal an einer üblicheren "Tatort"-Erzählweise. Herausgekommen ist ein hochspannender Fall.
Unsere Wertung für diesen "Tatort"
8,5 von 10 Punkten.
Worum geht's?
Eine Reihe Toter gibt's schon gleich zu Beginn von "Fangschuss" - alles gipfelt schließlich in der Hinrichtung (ja, so nennt Kommissar Thiel das) eines Journalisten, der für seine Enthüllungen bekannt war. Die Frage ist also: Was könnte in Münster so interessant sein, dass einige Menschen der Geheimhaltung wegen sterben müssen? Kriminalhauptkommissar Thiel (Axel Prahl) wird bei der Erörterung der Frage wie immer von Professor Boerne (Jan Josef Liefers), dessen Assistentin Alberich (ChrisTine Urspruch) und Kommissaranwärterin Krusenstern (Friederike Kempter) unterstützt. ("Ein USB-Stick" ist natürlich in guter, alter "Tatort"-Manier die Antwort.)
Worum geht's wirklich?
Der Journalist half zuvor Leila (Janina Fautz) bei der Suche nach ihrem unbekannten Vater - sie vermutet, dass Thiel der Gesuchte sein könnte. Also zieht sie bei ihm ein. Als sie vom Tod des Journalisten erfährt, wird Thiel unfreiweillig zu Leilas Informationsquelle. Die junge Frau lässt sich nämlich auch einen Handel mit dem Mörder ein. Und während sich all das zum Drama hin entwickelt, bereitet sich Professor Boerne auf seine Jagdprüfung vor, die er bei der gestrengen Industriellen Freya Freytag (Jeanette Hain) ablegt, und ist dementsprechend wenig interessiert an den Vorgängen ringsum: Immerhin hat Freytag ein Haarwuchsmittel entwickeln lassen, das nicht für den Markt zugelassen ist, aber ihn retten könnte - Boernes Haar verlässt Boernes Kopf langsam, aber sicher.
Wer ermittelt?
Es ist, und das muss wirklich immer wieder gesagt werden, stets eine Freude, wenn der Münster-"Tatort" kommt: Das Duo Thiel und Boerne ist nach wie vor so fein aufeinander abgestimmt, die Witze stimmen, das Tempo auch - es fällt nicht einmal gravierend auf, dass Thiels Vater - der ja der Lieblingstaxifahrer Boernes ist - in Südostasien urlaubt. Die Figur Krusenstern, die ja in Münster als Protagonistin immer unterschiedlich eingesetzt wird, wirkt diesmal müde, fast schon alt, und ein bisschen wie all die anderen "Tatort"-Kommissare, die da sonntagabends über die bundesdeutschen (und österreichischen) Bildschirme krebsen: eine Erinnerung daran, was man eigentlich mit Thiel und Boerne hat.
Was gefällt?
Es werden ja immer wieder Stimmen laut, der Münster-"Tatort" sei zu wenig "Tatort" und zu viel Münster - also ein Teilchen, das nicht zu der Reihe passe, und sie als Parasit benutze. Es scheint, als hätten die Autoren das Signal übersetzt - in einen Fall, der wegführt von jenem gutbürgerlichen Geplänkel, das man sonst aus der Professor-Karl-Friedrich-Boerne-Welt kennt, und dort ansetzt, wo sich auch viele andere Fälle der Reihe thematisch bewegen. Am unteren Ende der Mittelschicht und am Beginn der organisierten Kriminalität nämlich. Auch der Handlungsstrang mit Thiel und der Tochter erinnert an die unzähligen anderen Kommissare, die mit ihren Kindern Probleme haben. Das ist abwechslungsreich, das kennt man nicht aus Münster. Und selbst mit diesen neuen Elementen ist der Fall unterhaltsam - und sogar viel spannender als andere Folgen aus der Stadt. Selbst multiple Verdachtsmomente werden in Münster locker - und verständlich! - aus dem Ärmel geschüttelt. Das wohlige Münster-Gefühl bleibt ebenso erhalten, obwohl der Fall streckenweise ziemlich brutal ist.
Woran hakt's?
Die gerade erwähnten verschiedenen Verdachtsmomente finden zwar alle ihre Auflösung - aber teilweise eine etwas lieblose.
Wer löst den Fall?
Professor Boerne. Wer sonst?