"Im Zentrum": Und da war noch Pamela Rendi-Wagner . . .

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In der ORF-Sendung „Im Zentrum“ stellten sich ÖVP-Minister Blümel und FPÖ-Klubobmann Rosenkranz der Opposition. Während alle bestens vorbereitet waren, wirkte SPÖ-Chefin Rendi-Wagner dabei als hätte sie eine Ladehemmung.

„Innerhalb von 24 Stunden war nichts mehr so wie zuvor“, meinte ORF-Moderatorin Claudia Reiterer am Sonntag zum Auftakt der „Im Zentrum"-Diskussion über den Ibiza-Skandal, über den kurz zuvor FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus gestolpert waren. Wie es weitergehen kann und soll, darüber diskutierte Reiterer u. a. mit FPÖ-Klubomann Walter Rosenkranz, der sich teilweise zerknirscht und bemüht kalmierend gab, sich dabei deutlich von Straches Aussagen distanzierte und gleichzeitig versuchte, FP-Innenminister Herbert Kickl zu verteidigen (nachdem die ÖVP verlangt hatte, er müsse seinen Posten räumen): „Den lässt sich die FPÖ nicht heraus schießen“, sagte Rosenkranz. Und: „Keine Partei kann sich so am Nasenring durch die Arena ziehen lassen.“

Rosenkranz leugnete jede Spenden-Affäre - das „stimmt schlicht und ergreifend nicht“ und stellte die Vermutung in den Raum, ob das Ibiza-Video „nicht aus der Werkstätte des Tal Silberstein kommt“ (der für die SPÖ im Nationalratswahlkampf 2017 Dirty Campaigning betrieben hat). Für die FPÖ versuchte Rosenkranz - wie die anderen bereits im Wahlkampfmodus - einen Anstrich von staatstragendem Engagement zu wahren: Falls die FPÖ-Minister die Führung abgeben sollten, dann werde man „nicht sagen: Ich sperre jetzt zu, macht's was ihr wollt“ - und bis zur Neuwahl Gesetze unterstützen, mit denen man einverstanden sei.

„Letzter gemeinsamer Auftritt vor der Scheidung"

Auch Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖV) war „zum letzten gemeinsamen Auftritt vor der Scheidung“ (@ Reiterer) gekommen. Er sei „wütend“, dass das „gemeinsame Projekt“ der ÖVP-FPÖ-Regierung jetzt so enden musste, sagte er. Es sei „vollkommen klar, dass man nicht direkt zur Tagesordnung übergehen kann - auch wenn die beiden Beteiligten (Strache und Gudenus; Anm.) zurücktreten“. Es brauche „eine lückenlose Aufklärung“, denn es gebe den „Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung“.

Die bestens vorbereitete Neos-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger ließ aber auch die ÖVP nicht aus der Verantwortung und startete eine Attacke nach der anderen, ohne dabei aggressiv oder untergriffig zu werden.  Die Sache sei ein „Hochsicherheits-Risiko“, Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sei dafür verantwortlich ("Leadership schaut anders aus"), weil oft genug vor der FPÖ gewarnt worden sei. „Gegen Kickl gibt es schon lange den Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung“ im Zusammenhang mit möglichen Kickbackzahlungen in Kärnten, sagte sie. Und auch bei ÖVP und SPÖ gebe es „seit Jahrzehnten“ die Praxis, dass sie über Vereine finanziert würden. Als Meinl-Reisinger Blümel dann konkret auf dessen Website ansprach, die laut Impressum vom „Verein zur Förderung bürgerlicher Politik“ verantwortet wird, und wissen wollte, wer dahinter stecke und wer diesen Verein finanziere, wurde das von Moderatorin Claudia Reiterer nicht aufgegriffen - was sie wohl hätte tun müssen.

Blümel duzte Meinl-Reisinger

Immer wieder forderte Meinl-Reisinger von Blümel ein, die ÖVP müsse offenlegen, wer ihren Nationalratswahlkampf finanziert habe: „Wie sollen wir ein Vertrauen haben in diese regierenden Personen, wenn wir nicht wissen, wer sie finanziert hat und ob's da Gefälligkeiten gegeben hat?“, fragte Meinl-Reisinger und richtete sich direkt an Blümel: „Können Sie ausschließen, dass (Rene) Benko, (die Waffenfirma) Glock, (der Glücksspielkonzern) Novomatik die ÖVP finanziert haben?“ Blümel konterte: „Natürlich.“ Dass alles „rechnungshofkonform“ gemeldet wurde, ließ Meinl-Reisinger aber nicht gelten, weil das „nicht online“ ist und daher für den Wähler nicht transparent. Blümel warf ihr daraufhin vor, die Opposition versuche, „politisches Kleingeld“ zu machen. Dass er Meinl-Reisinger duzte, während sie ihn konsequent per Sie ansprach, wirkte ziemlich befremdlich.

Auch Jetzt-Chefin Maria Stern hatte ein paar knackige Sager vorbereitet. Unter anderem diese zwei: Das Ibiza-Video habe „eine Dimension wie die vorletzte Folge von ,Game of Thrones'“ und „Kurz kann Kanzler nicht!“

Rendi-Wagners ermüdender Ruf nach Stabilität

Und da war noch Pamela Rendi-Wagner, Bundesparteivorsitzende der größten Oppositionspartei, der SPÖ. Im Konzert der kritischen weiblichen Opposition war ihre Stimme an diesem Abend aber kaum zu hören. Sie wirkte über weite Strecken der Diskussion, als hätte sie eine Ladehemmung und spontan keine Argumente parat. Freilich brachte sich auch die erwartbaren Kritikpunkte vor - schließlich wurde spätestens an diesem Sonntagabend der Wahlkampf eröffnet: Kanzler Kurz trage die Verantwortung, die Regierung sei „handlungsunfähig“, das Land sei „kein Spielball“, „regieren ist kein Egotrip“ (das war ihr bester Sager). Und sonst?

Eines hatten ihr die Spindoktoren offenbar eingebläut: Es geht um Stabilität, Stabilität, Stabilität. Das mündete dann in ermüdende Satzkonstruktionen wie folgende: „Was das Land am dringendsten braucht ist Stabilität. Das ist Stabilität bis zum Neuwahltermin . . . Und genau hier ist erstens Stabilität gefragt, da brucht es eine stabile Mehrheit im Nationalrat, damit es stabil ist . . .“ Gleichzeitig erklärte sie Blümel, das von der türkis-blauen Regierung gefahrene Programm „wird die Sozialdemokratie nicht unterstützen“. Nur wenn alle Minister ihr Amt zur Vergügung stellen, es zu einem reinen Expertenkabinett käme, wäre die SPÖ zu einer Unterstützung bis zur Neuwahl bereit. Blümels Zwischenfrage, ob sie Neuwahlen im September unterstützen würde, wich Rendi-Wagner aus. Auch Blümel trommelte schon kräftig für die ÖVP und Kanzler Kurz - und einmal mehr für ein „Schlussmachen mit dem Stillstand unter Rot-Schwarz“. Und was sagt Rendi-Wagner dazu? Nichts. Sie hört nur zu, die Hände zur Angela-Merkel-Raute geformt. So gewinnt man keine Diskussion. Und vermutlich auch keine Wahl.

Bei „Im Zentrum“ diskutierte Claudia Reiterer zum Thema „Strache und der Ibiza-Skandal - Österreich im Ausnahmezustand“ mit:

Gernot Blümel (Kanzleramtsminister; ÖVP)
Walter Rosenkranz (FPÖ-Klubobmann)
Pamela Rendi-Wagner (SPÖ-Bundesparteivorsitzende)
Beate Meinl-Reisinger (NEOS-Bundesparteivorsitzende)
Maria Stern (Parteiobfrau der Liste Jetzt)

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