"Schwer verliebt" (ATV): Kess in der Kombinege

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„Schwer verliebt“ ist eine reichlich plumpe Kopie von Elizabeth T. Spiras langjährigem Erfolgsformat „Liebesg'schichten und Heiratssachen“. Bei der Auswahl setzte man auf Exaltiertheit.

Möchtest du einen Mann mit zehn Beinen kennenlernen, dann melde dich bei mir!“ Was hier so nach Freakshow klingt, naja, das ist es eigentlich auch. ATV hat eine neue Kuppelshow für „schwer Vermittelbare“ im Programm. Zur Beruhigung sei immerhin gesagt: Acht der zehn Beine von Andreas gehören seinen King-Charles-Rassehunden.

„Schwer verliebt“ ist eine reichlich plumpe Kopie von Elizabeth T. Spiras langjährigem Erfolgsformat „Liebesg'schichten und Heiratssachen“. Das ist sicher keine schlechte Idee, hat die Partnersuche auf ORF doch in diesem Sommer einen absoluten Reichweitenrekord geschafft. Und auch bei ATV ist man sich der zuseherbindenden Wirkung von einsamen Herzen seit „Bauer sucht Frau“ bewusst. Solche Stars wie in Deutschland – wie die sagenumwobene Thailänderin Narumol, die dem etwas langsamen Bauern Josef auf seine Frage, ob sie Kinder mit ihm wolle, die legendäre Antwort „Ja, wenn du dat kannst“ gegeben hat – haben die österreichischen Sendungen noch nicht hervorgebracht. Das wird wohl auch mit „Schwer verliebt“ nicht gelingen. Zwar setzte man bei der Auswahl sowohl auf Exaltiertheit (farbenfrohes Anti-Magerwahn-Mannequin) als auch auf den Mit-40-noch-Daheimwohner-Faktor („eventuell eine Nichtraucherin“ fordert Frau Mutter). Sogar eine abgelegte Lugner-Freundin ist dabei. Aber alles, was die „Liebesg'schichten“ subtil andeuten, wird hier plakativ rausposaunt. Ein Stoffbär im zu großen Bett, den Spira höchstens mit Udo Jürgens untermalt hätte, wird hier als „mein bester Freund, der Teddy“ vorgestellt. Wo Spiras Kandidaten lautlos „Ich bin einsam“ sagen, krachen die ATV-Kollegen neongrell mit „Ruf!mich!an!“-Anmutung ins Bewusstsein. Da reicht auch nicht der Vorname, da muss jeder ein lustiges Eigenschaftswort als Chiffre haben: Riki, die sich gern in der Kombinege vor der Kamera räkelt, ist dann folgerichtig „die kesse Riki“. Sie kann möglicherweise mit mehr Zuschriften rechnen als „die sanfte Margit“.

Möglichkeit zum Happy End

Seit dem unschuldigen Knattern des „Herzblatt“-Hubschraubers hat sich die Partnersuche im TV geändert. Aber nie war sie so erfolgreich wie heute. Vielleicht liegt's an der Möglichkeit zum Happy End. Die gibt es ja in Perversionen wie der Alkopop-Teenagersaga „Saturday Night Fever“ (auch ATV) weniger. Und man muss schon sagen: Die RTL-Hochzeit von Narumol und Bauer Josef konnte es mit dem Unterhaltungswert einer royalen Vermählung locker aufnehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2010)

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