Harald Schmidt will nicht Adieu sagen

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Dirty Harrys letzte Gratis-Show im deutschen Fernsehen – er packt seinen Krempel und geht auf „Sommerpause“.

Ovationen! Ovationen! Schon zu Beginn Ovationen, die nicht enden wollten: nicht, als Harald Schmidt zum ersten Scherz ansetzen wollte, nicht, als die Band des treuen Helmut Zerlett versuchte, mit einem Tusch für Ruhe zu sorgen. Das Publikum wollte ihn feiern, seinen Dirty Harry: Aber der wollte nicht. Der wollte, ja: was eigentlich?

Er wollte so tun, als sei nichts weiter geschehen. Ein paar knappe Scherzchen zu Beginn über die Sommerpause, in die er sich begebe, schon Anfang Mai, ja ja, da ist der böse Klimawandel dran schuld. Dann ein kurzer Schwenk aufs Dach des Studios, wo eine Trompeterin eine SAT1-Fahne einholt. Und schon wandte sich Schmidt dem normalen Late-Night-Talk zu, verglich FDP-Chef Rösler mit einem Kanarienvogel (gelb, laut und vorlaut), trat das öffentlich breitgetretene Liebesleben von Fritz Wepper noch breiter – und fügte den zahlreichen Ikea-Witzen immerhin einen hübschen hinzu: Jetzt, da man wisse, dass die Möbel zum Teil von DDR-Zwangsarbeitern gebaut wurden, sei ja alles klar: Was er für Bauanleitungen gehalten habe, seien Pläne für einen komplizierten Fluchtweg gewesen!

Nicht einmal mit seinen Gästen wollte Harald Schmidt ein letztes Mal auftrumpfen: Olli Dittrich, Ulrich Meyer (wer?) und Yuja Wang waren geladen, aber immerhin übernahmen die Gäste die humoristische Trauerarbeit: Ob er den Löffel, mit dem er gerade ein Besteck-Kunststück aufgeführt hatte, denn als Souvenir behalten wolle, fragte Dittrich. Schmidt: „Nein, ich habe einen eigenen Löffel, einen goldenen.“ Dittrich: „Schon abgegeben?“

Am Ende lässt sich Schmidt von Dittrich mit einem Bollerwagen abholen, aber bevor er aus den Augen, aus dem Sinn rollt, ohne dem Publikum noch einmal Gelegenheit für einen großen Schlussapplaus zu geben, muss er noch an die Garderobe ein Mützchen, ein Jäckchen, einen SAT1-Ball abholen. „Wir war's denn?“, fragt die Dittrich den kleinen Harald. „Wir haben gespielt.“

Ob es beim Bezahlsender Sky auch so nett wird?

E-Mails an: bettina.steiner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2012)

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