Stermann und Grissemann for Song Contest: Die beiden Comedians übten sich bei ihrer Moderation wieder in der großen Kunst des bitterbösen Humors.
Der Running Gag wurde diesmal kein Brüller: Christoph Grissemann rief jeden Beitrag beim diesjährigen Eurovision Song Contest zu seinem "Geheimfavoriten" aus. Das regte zwar selbst nach nach 26 Beiträgen noch zum Schmunzeln an, an die großen, den Abend andauernden Running Gags der Stermann/Grissemann-Song-Contest-Ära bis 2002 reichte es aber nicht heran. Wir erinnern uns: Anno 2000 gewannen die beiden, getarnt als dänischer Beitrag Olsen Brothers mit "Fly on the Wings of Love". Heuer war man weniger involviert und dutzendfach "leider geil" und eben Favoritenkürer. Die Stärke des Duos lag diesmal weniger im Improvisieren als darin, dass sie gut vorbereitet schienen - und ihren bitterbösesten Humor sehr schön auf die Spitze trieben.
Aserbaidschan sei das Land, in dem man "Tourismus" und "Demokratie" nur mit Anführungsstrichen schreibe, hieß es am Anfang über den "Blinddarm der Welt." Die Grenzen des politisch Korrekten, eine Paradedisziplin des Duos, überschritten die beiden lustvoll etwa bei "reizenden Rechtsradikalen" aus Ungarn, der Band Compact Disco: "Die Ungarn sind schon ein wenig erschöpft, weil sie den ganzen Tag in Baku Jagd auf Roma und Sinti gemacht haben." Zu besonders vielen Scherzen regte zudem der Gedanke an, es könnten viele Sehbehinderte zuhören - immerhin belegten Stermann und Grissemann den zweiten Tonkanal in ORFeins, auf dem solche Events für Blinde extra kommentiert werden. Zum optisch aufregenden griechischen Beitrag "Aphrodisiac" heiß es etwa: "Liebe Blinde, beruhigt euch. Jetzt schaut sie euch doch erstmal an." Oder an anderer Stelle: "Ich geb' der drei Punkte. Auf gelbem Grund."
Die mehr als dreistündigen Veranstaltung war eine Herausforderung für Sitzfleisch und Moderatoren. Schon zu Beginn wurde die Teilnehmerin aus Bosnien-Herzegovina, Maya Sar (für die beiden der "Spindelegger des Song Contests") zur Geduldsprobe: "Schleich dich bitte, wir wollen die Omas sehen", rief Grissemann entnervt aus. Das russische Großmütter-Oktett Buranovskiye Babushki, das am Ende auf Platz zwei hinter Schweden ("Weint die noch oder singt die schon?") landete, bekam natürlich auch sein Fett ab: "Verantwortlich für die Choreografie: Parkinson", heiß es da. Und: "Die Kostüme sind nicht mal Second Hand, die sind Last Hand."
(Unabsichtlich?) bösartig verhielt sich das Duo auch gegenüber dem Zuseher: Das Hören der Lieder, auch nur der Refrains, verunmöglichten sie meist völlig. Und auch wenn Grissemann während des ganzen Contsts entnervt "Ich kann nicht mehr" jammerte und Stermann während der Show ankündigte, den Song Contest 2013 nicht mehr kommentieren zu wollen, wir hoffen, sie überlegen es sich anders. Wo sonst hört man Analysen wie: "Das ist Bordellpop der allerübelsten Sorte". Geile Moderation. Ganz ohne leider.