Kritik: “Deutscher Humor ist wie englischer Handball”

Kritik Deutscher Humor englischer
Kritik Deutscher Humor englischer(c) Christian Bordes
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Josef Hader hält Rolf Miller für "wunderbar indirekt und hinterhältig". Am Samstag gastierte der deutsche Satiriker mit seinem Programm "Tatsachen" erstmals in Wien.

Wer sich des Öfteren durch die Kabelkanäle zappt, kommt um sie nicht herum: “Deutsche Comedy”. Ihre Protagonisten wie Atze Schröder oder Mario Barth füllen mit ihren stereotyp-geschlechtertrennenden Programmen mittlerweile ganze Stadien und sogar Wörterbücher (“Deutsch-Frau, Frau Deutsch”). Von Unterhaltung kann kaum die Rede sein, die Pointen fallen durchwegs in die Kategorie Fremdschämen. Das gallische Dorf unter der (omnipräsenten) Komikerriege findet man anscheinend in Walldürn in Baden-Württemberg, dem Heimatort vom “wunderbar indirekt und hinterhältigen” Rolf Miller (Zitat: Josef Hader). Am Samstagabend gastierte er mit seinem aktuellen Programm “Tatsachen” erstmals in Österreich.

Einem Teil des Publikums im nahezu ausgebuchten Wiener Stadtsaal fiel es anfangs nicht leicht, dem Humor des deutschen Satirikers zu folgen. Ohne jegliche einleitende Worte nahm er auf einem Holzsessel breitbeinig Platz, stammelte im Dialekt “so ist es” und verwandelte sich zugleich in seine Bühnenfigur. Eine Figur, die nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch hierzulande vorzufinden ist: Der oftmals zitierte und von der Politik anvisierte “kleine Mann von der Straße”. Auch die in Odenwäldisch/Badisch-Fränkisch angesprochenen Themen sind im Genre bekannt: Politik, Religion, Sport, Umwelt sowie Beziehungen zu Mensch und Automobil. Die Faszination an Miller liegt vielmehr an seiner minimalistischen Art und Weise, wie er sich mit Banalitäten auseinandersetzt und diese kommuniziert. Er schweigt, missinterpretiert, setzt aus und Sprichwörter neu zusammen.

"In Text und Darstellung etwas besonderes"

Miller wechselt in “Tatsachen” gekonnt zwischen den Ebenen und konterkariert dabei sein Alter Ego selbst, wenn er etwa (erfolglos) versucht, die Folgen von Muhammad Alis Krankheit zu verdeutlichen. Auch wenn oder gerade weil die Kunstfigur den Durchschnittsbürger darstellen soll, schreckt Miller nicht vor der humoristischen Radikalität à la Bernd Stromberg (Titelfigur der gleichnamigen TV-Serie “Stromberg”) zurück. Zwischendurch kommt sein Vorbild, der unvergessliche Loriot, zum Vorschein. Vicco von Bülow erkannte einst “in Text und Darbietung” Rolf Millers “etwas ganz besonderes". Wie wahr. Gegen Ende seines fast zweistündigen Monologs stellt der Nordbadische Westfranke (Eigendefinition) dann noch den Hype um seine Kollegenschaft in Frage: “Deutscher Humor ist wie englischer Handball” - und lässt nach seiner obligatorischen Sprechpause noch ein “Gibt’s nicht” folgen. Nach der Vorstellung muss man diesen Kommentar revidieren: Es gibt ihn anscheinend doch.

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