Linzer Musiktheater: "Es hat etwas von Rausch"

(c) APA RUBRA (RUBRA)
  • Drucken

Intendant Rainer Mennicken steht wohl vor seinem aufregendsten Jahr seiner Karriere. Im April 2013 wird das neue Musiktheater in Linz eröffnet.

"Es hat etwas von Rausch, Zuversicht, Glücksgefühl und obsessiver Jagd auf Fehler" - so beschreibt Rainer Mennicken seine aktuelle Befindlichkeit. Der 62-jährige Intendant des Linzer Landestheaters steht vor dem wohl aufregendsten Jahr seiner Karriere: Im April wird das neue Musiktheater eröffnet. Programmatisch setzt er auf das "Kerngeschäft" Oper, aber auch auf eine neue Musical-Truppe. Publikum will er eher mit der Öffnung des Hauses generieren als mit teuren Stars. Zudem wälzt er Pläne für einen Opernball in der Stahlstadt.

"Ich freue mich bei jedem Spaziergang durch dieses neue Gemäuer", ist dem Bauherrn im Gespräch mit der APA die Vorfreude auf sein neues Reich anzusehen. Wenn er durch die Räumlichkeiten führt, strahlt er: "Ich habe das Gefühl, es lohnt sich. Ich empfinde es als Chance, in einem Beruf, der ja sehr flüchtige Ergebnisse erzeugt, auch etwas mitzugestalten, das von Dauer ist."

Partizipation statt Promis

Mennickens Philosophie heißt Partizipation statt Promis: "Kulturell Interessierte sollen sich nicht nur eine Karte kaufen, sondern sich auch hier aufhalten und mitmachen." Er sucht daher die Zusammenarbeit mit den Musik- und Ballettschulen oder der Bruckneruni und plant eine Musiktheaterwerkstatt mit eigens dafür engagierten Pädagogen. Mit einer Jazz-Schiene, einer "Hörbar" oder einem Klangfoyer will er den Menschen Berührungsängste nehmen. Auch auf der Bühne soll sich das Publikum wiederfinden. So will der Intendant für die Eröffnungsinszenierung der Handke-Oper "Spuren der Verirrten" 50 zusätzliche Chorsänger aus ganz Oberösterreich einbeziehen.

Forderungen nach klingenden Namen erteilt Mennicken, der Generalintendant des Oldenburgischen Staatstheaters war, bevor er mit Beginn der Saison 2006/07 nach Linz wechselte, eine Abfuhr: "Die Gagen, die internationale Stars in Paris oder Mailand verdienen - das geht nicht, das ist schlicht unrealistisch." Neben dem "Kerngeschäft" Oper setzt er auf das neue, feste Musical-Ensemble, dessen sieben Mitglieder aus 750 Bewerbern ausgewählt wurden und alle für Hauptrollen taugen. "Das Genre Musical wird in keinem anderen Theater, das mir bekannt ist, so behandelt wie bei uns", ortet er ein Alleinstellungsmerkmal. Das Interesse der Branche sei gewaltig.

"König der Löwen" kommt nicht in Frage

Musical heißt für den Theater-Chef nicht "Starlight Express"oder "Phantom der Oper". Für kommerzielle Longseller sei zwar ein Millionenpublikum zu finden, "aber die Dinge sind dann immer so wie in New York oder in Tokio. Hier sind sie so wie in Linz." Das Haus werde von der öffentlichen Hand mit dem Auftrag getragen, das Besondere zu machen. "Wir suchen pfiffige Stoffe, tolle Musik, nicht Plastik, nicht austauschbar. Und wir machen nie: 'König der Löwen'."

Einer anderen kommerziellen Idee gegenüber ist Mennicken allerdings aufgeschlossen: einem Opernball. "Ich denke, da geht kein Weg daran vorbei und ich bin der Letzte, der sich entgegenstellt." Er wolle aber keinen anderen Ball kopieren, "schon gar nicht den aus Wien". Allerdings rechnet er mit einem Jahr Vorlauf und bittet: "Gebt uns etwas Zeit."

"Wir werden es krachen lassen"

Für die Eröffnung verspricht Mennicken viel: "Wir werden es krachen lassen." Die katalanische Künstlergruppe "La Fura dels Baus" gastiert mit der Uraufführung ihrer Gralssuche "Ein Parzival", einem Freiluft-Happening zu Wagner-Musik. Das Landestheater bringt in den ersten fünf Tagen fünf neue Werke oder Einrichtungen auf die Bühne - unter anderem die Österreich-Premiere des Musicals "Die Hexen von Eastwick". Die moderne Technik im neuen Haus spielt bisher mit: "Wir wissen, dass wir keinen Break-down erleben werden", ist sich der Intendant sicher, "aber natürlich kann es sein, dass ein Computer abstürzt".

Derzeit gebe es keine Anhaltspunkte, dass die Baukosten - inkl. Indexsteigerung knapp 180 Millionen Euro - überschritten werden. Dennoch drückt Mennicken beim lieben Geld da und dort der Schuh. Die zusätzlich anfallenden Kosten für den laufenden Betrieb - etwa sechs Mio. Euro - bekomme das Theater von der öffentlichen Hand, 1,3 Millionen müsse es selbst erwirtschaften, um den Haushaltsplan auszugleichen. "Wir sind sehr darum bemüht, jede einzelne Entscheidung auf den ökonomischen Aspekt zu überprüfen und es wird nirgendwo Luxus betrieben."

Künftig muss er versuchen, das Landestheater mit fünf Sparten und mehreren Spielstätten an der Promenade, der u\hof-Bühne und der neuen Oper mit knapp 40 Mio. Euro Jahresbudget zu führen. Die Wiener Volksoper habe zum Vergleich 50 Mio. "nur für ein Haus". Es sei zwar eng, "aber der Reiz geht dadurch nicht verloren."

Die Latte liegt, was die anzusprechenden Besucher angeht, hoch. Derzeit verkauft das Landestheater 230.000 bis 240.000 Tickets pro Jahr. Künftig sind 40.000 weitere nötig, um ausgeglichen zu wirtschaften. Von 4000 angepeilten zusätzliche Abonnenten wurden bereits 2500 gewonnen. "Ich würde mich nicht wundern, wenn wir das Ziel erreichen", ist Mennicken optimistisch.

Programm wird im Frühjahr veröffentlicht

Den Gesamt-Output glaubt der Intendant trotz der Erweiterung um ein Haus mit knapp 1000 Plätzen im Großen Saal nicht wesentlich erhöhen zu müssen: "Das Linzer Landestheater ist das fleißigste in ganz Österreich." Im Schnitt gebe es pro Spielzeit 850 Veranstaltungen. "Es darf auch mal sein, dass wir einen Abend keine Vorstellung machen." Aber es soll eine sich verstärkende Linie von Uraufführungen und Auftragswerken geben. "Ich habe vier Uraufführungsaufträge an oberösterreichische Komponisten draußen." Auch die Jugendschiene soll erweitert werden. "Die höhere Bezuschussung unserer Arbeit führt nicht dazu, dass wir nur mehr und größere Werke machen. Sie führt auch dazu, dass wir qualitativ einzelne Akzente setzen und neue Dinge anbieten", so Mennicken zu seinen Zukunftsplänen. Zum Spielplan ab dem Herbst 2013 stellte er im Gespräch fest: "Da bin ich einsilbig". Das Programm will er im Frühjahr veröffentlichen.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.