Wenn Damen bei Shakespeare dumme Männer spielen

Wenn Damen Shakespeare dumme
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Die Komödie "The Taming of the Shrew" als Gastspiel aus London bei Art Carnuntum: Theater in Hochform.

Die Truppe des Globe Theatre hat elisabethanische Bräuche auf den Kopf gestellt. In der Renaissance wurden auch Frauenrollen von Knaben und Männern gespielt. Bei der Aufführung von „The Taming of the Shrew“ aber, mit der das Tour-Ensemble nun im einst römischen Amphitheater von Petronell zu sehen war, hieß es bis auf den englischen Regisseur Joe Murphy: „For Ladies Only!“ In drei Stunden legten acht Schauspielerinnen auf Holzbrettern vor einem runden Zelt eine rasante Interpretation der „Zähmung“ hin und zeigten besonders in den durch fantasievolle Kleidung wie auch grobe Gesten ausgewiesenen Männerrollen das Dümmliche am Machismo.

Vor allem aber wurde am Ende wohl auch in beschränkten Männern tief liegender Zweifel geweckt: Hat sich diese Katherina (Kate Lamb), die sich von Petruchio nur widerwillig heiraten ließ und von ihm dann eine brutale Umerziehung erfuhr, tatsächlich unterworfen? Dient künftig das Weib dem Mann? Der Schlussmonolog der erst so erfrischend unabhängigen, dann angeblich sanftmütigen Frau im verschmutzten Brautkleid grenzt ans Tragische. Das impliziert auch der böse Text, der zuvor männliches Streben nach Dominanz als kindische Übung bloßstellte. Diese Katherina kann ihre Tränen nicht unterdrücken. Vielleicht sind es aber entgegen dem versöhnlichen Ton noch immer Tränen der Wut über die Zumutungen des Patriarchats.

Eine treffliche Gockel-Parade

Was zeichnet zum Beispiel „Superman“ Petruchio aus? (Leah Whitaker wirkt in der Körpersprache ganz wie ein Mann.) Jedem, dem er die Hand gibt, verkrampfen sich fast unmerklich die Gesichtszüge vor verhaltenem Schmerz. Dieses von allzu viel Testosteron gesteuerte Großmaul packt wirklich fest zu. Es lässt sich von der widerborstigen Kate, die noch vor der heftig umworbenen Schwester Bianca unter die Haube kommen muss, nicht abschrecken. Zu verlockend ist die sportliche Herausforderung, wohl aber auch die reiche Aussteuer, die der Vater der Töchter in Aussicht stellt. Kathryn Hunt, die alle Facetten des Charakterfaches, insbesondere die komischen, beherrscht und mit Shakespeares Sprache wirklich vertraut ist, glänzt in dieser Rolle des Baptista. Die Stunde des Patriarchen? Nein, eine treffliche Gockel-Parade.

In den verschiedensten Variationen erlebt man nun die Balz, das Werben und einen gnadenlosen Kampf der Geschlechter. Die meisten Schauspielerinnen haben mehrere Rollen, spielen sie aber so charaktervoll, dass kaum verwechselt werden kann, welcher Herr und welche Dame mit welchen Absichten sein oder ihr Ziel verfolgt. Sie zeigen erstaunliche Wandlungsfähigkeit, singen auch noch lauthals mit Lust und Leidenschaft, als wären sie Stammgäste im Pub. Zu Recht wurde das Gastspiel am Ende äußerst herzlich beklatscht. norb

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2013)

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