Volkstheater: Schottenberg lässt Vertrag auslaufen

Schottenberg: Volkstheater-Direktor lässt Vertrag auslaufen
Schottenberg: Volkstheater-Direktor lässt Vertrag auslaufenGabriele Paar
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Sein Entschluss sei schon länger festgestanden, Direktor Michael Schottenberg verlässt 2015 nach zehn Jahren das Volkstheater.

Über acht Jahre macht Michael Schottenberg nun schon "Theater zum Anfassen und Mitreden": Der Direktor des Wiener Volkstheaters will dies nur noch zwei weitere Jahre tun und dann seinen bis Ende der Saison 2014/2015 gültigen Vertrag auslaufen lassen. Das Haus am Museumsquartier unter dem von ihm eingeführten roten Stern als Logo war für Schottenberg stets der "Stachel im Fleisch der Gemütlichkeit", was nicht bedeutet, dass die Klaviatur des Amüsements unbespielt blieb. Bei steigenden Auslastungszahlen feiert der Herr Direktor am Volkstheater auch mit eigenen Inszenierungen Erfolge.

"Es ist ein gut funktionierendes Haus"

Dass er seinen Vertrag am Ende der Saison 2014/15 auslaufen lassen werde, sei "eine freie Entscheidung" gewesen, betonte Volkstheater-Direktor Michael Schottenberg heute, Freitag, im Gespräch. "Wir haben alles erreicht, was wir uns vorgenommen haben." Die Kennzahlen des Hauses seien ebenso zufriedenstellend wie die finanzielle Situation: "Uns geht's gut. Es ist ein gut funktionierendes Haus." Bei der Spielplanpressekonferenz im Mai hatte man die Auslastung mit 78 Prozent angegeben.

Er habe bei seinem Amtsantritt 2005 davon gesprochen, dass das Haus frech und kühn sein solle, dass er neue Regisseure und neue Schauspieler bringen werde und neue Spielräume erschließen wolle. "Das hat sich alles bewahrheitet." Er wäre glücklich, wenn die "konkurrenzlose Ost-Schiene", die Bezirks-Tournee und die Spielstätten Hundsturm und Rote Bar auch unter der nächsten Direktion fortgeführt würden. "Es soll ein unverwechselbares Haus im Herzen Wiens sein - was es jetzt ist", sagte Schottenberg.

Nein sagen ist nicht einfach

Für seine zehnte und letzte Saison im kommenden Jahr habe er noch keine konkreten Pläne, ein Fixpunkt werde allerdings der 125. Geburtstag des Hauses sein, den man im September 2014 zum Saisonauftakt groß feiern werde. Er selbst werde sich nach Beendigung seiner Direktion "sicher nicht für ein Stadttheater bewerben", denn: "Was gibt es Schöneres als ein so großes Haus in Wien leiten zu dürfen?" Zudem habe er mit der Bürde der Verantwortung mitunter durchaus zu kämpfen gehabt. "Wir haben in dieser Saison das Motto 'Macht'. Die Macht meiner Position anzunehmen und nicht nur Ermöglicher, sondern auch Arbeitgeber zu sein, der auch Nein sagen muss, das war für mich immer wieder schwierig. Ich werde froh sein, wenn diese Macht, oder besser: diese Verantwortung, von mir abfällt und ich wieder ein 'normaler' Mensch, Künstler und Regisseur sein darf."

Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) hat die Entscheidung Schottenbergs mit Bedauern zur Kenntnis genommen: "Michael Schottenberg hat das Volkstheater in den letzten acht Jahren mit großem Engagement und Erfolg geführt und die Theaterlandschaft Wiens maßgeblich geprägt. Er hat das Theater mit neuen vielfältigen Themen bereichert, insbesondere auch mit interkulturellen Schwerpunkten, und damit auch neue Publikumsschichten gewonnen", so der Stadtrat in einer Aussendung. Die Volkstheater-Stiftung werde die Position in den nächsten Tagen ausschreiben, "sodass rechtzeitig und in einem angemessenen Zeitraum eine geeignete Nachfolge gefunden werden kann".

Kunst darf unterhalten

Geboren wurde Michael Schottenberg am 10. Juli 1952 in Wien, wo er seit langem zu den prägenden Figuren der Theaterszene gehört. Dabei schien sich die Frage "E" oder "U", also Kunst oder Unterhaltung, für ihn nie zu stellen. Der Schauspieler und Regisseur, ausgebildet am Schauspielseminar des Mozarteums in Salzburg, hatte nie Berührungsängste mit der leichten Muse, und Musical zu inszenieren war für ihn ebenso selbstverständlich wie professionelle Bewerbung publikumswirksamer Konzepte. Am Wiener Schauspielhaus war er für einige der größten Erfolge der ersten Direktionszeit von Hans Gratzer verantwortlich ("u.a. "Piaf", "Der Kontrabaß" und "Rocky Horror Picture Show").

1984 gründete er seine Truppe "Theater im Kopf" ("TiK"), mit der er 1985 im Schauspielhaus "Elvis" verwirklichte und in einem Zelt vor der Votivkirche mit "Der Widerspenstigen Zähmung" (1987) und "Peer Gynt" (1988) jeweils mehr als 20.000 Zuschauer erreichte. Für die Vereinigten Bühnen Wien inszenierte der 1994 im Raimund Theater das Musical "Grease", für das Berliner Schloßparktheater u.a. 1997 die Bühnenversion des Hader/Dorfer-Film-Hits "Indien", in der er selbst den Restauranttester Kurt Fellner spielte.

Probleme mit Finanz- und Kulturpolitik

Am Volkstheater Wien präsentierte Schottenberg bereits vor seiner Direktionszeit mehrmals mit Erfolg Inszenierungen, für seinen "Talisman" (2001) erhielt er unter anderm einen "Nestroy-Preis" für die beste Regie. Die Direktionsübernahme von Emmy Werner mit der Saison 2005/06 erfolgte allerdings nicht ganz reibungslos - Streitigkeiten um das Budget beschäftigten Anwälte und Kulturpolitik. Auch prägten Ärger mit dem Rechnungshof, Abo-Rückgänge und die Ausgestaltung der Stiftungskonstruktion die Anfangsphase des neuen Direktors.

Die Finanzprobleme wurden durch Subventionserhöhungen besänftigt und mittlerweile sind auch die anderen Themengebiete in den Hintergrund getreten. Der Direktor selbst sorgte für Publikumserfolge, etwa mit seinen Inszenierungen von "Indien", "Cabaret", "Sunny Boys" oder "Liliom". Und auch der Ärger um den roten Stern als neues Logo ist abgeklungen.

Filmreife Trennung von Maria Bill

Neben seiner Direktorenschaft hat Schottenberg auch zahlreiche Filme gedreht, darunter die TV-Filme "Das Diarium des Dr. Döblinger", "Das Geheimnis" und "Geschäfte" (beide Drehbücher gemeinsam mit Gerhard Roth), die zweiteilige Roth-Verfilmung "Landläufiger Tod" (1990) sowie die Kinofilme "Caracas" und "Averills Ankommen".

Viele Etappen seiner erfolgreichen Karriere absolvierte er mit seiner langjährigen Gefährtin Maria Bill. Erst 2011 trennte sich das Theaterpaar nach 35 Ehejahren. Derzeit proben die beiden wieder miteinander. Am 29. September kommt Schottenbergs Inszenierung von "Glorious!" heraus - mit Maria Bill in der Rolle der schlechtesten Sängerin der Welt.

(APA)

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