Der Aufsichtsrat entlastet den Burg-Chef

Burgtheater, Aufsichtsrat, Vizedirektorin
Burgtheater, Aufsichtsrat, Vizedirektorin(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das Burgtheater wird weiter überprüft. Aber Theater und Museen kosten die Öffentlichkeit bedeutend mehr als Film oder bildende Kunst: Hier sind einige Gründe dafür.

Der Aufsichtsrat des Burgtheaters hat am Mittwoch „zustimmend zur Kenntnis genommen“, dass die fristlose Entlassung der Vizedirektorin und früheren Geschäftsführerin des Hauses „rechtlich notwendig war“. Sie habe „unter Missachtung des Vieraugenprinzips und ohne Wissen des zweiten Geschäftsführers, Matthias Hartmann, ein buchhalterisches ,Parallelsystem‘ etabliert, das in weiten Teilen nicht annähernd den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buchhaltung entspricht“, erklärte Bundestheater-Holding-Chef Georg Springer. Die Gebarung der Burg wird weiter durchleuchtet. Das Untersuchungsergebnis soll Ende Februar vorliegen. Was ist mit der Hochkultur und dem Burgtheater los? „Die Presse“ beantwortet wichtige Fragen.

Was kostet die Hochkultur? Warum herrscht Nachholbedarf bei Subventionen, Investitionen?

Die Bundesmuseen erhalten ca. 165 Millionen Euro, die Bundestheater ca. 144 Millionen Euro vom Staat, die Salzburger Festspiele 13,5 Millionen Euro (davon 40 Prozent vom Bund). In den 1980er-, 1990er-Jahren wurden Bundesmuseen und Bundestheater mit hohen Schillingbeträgen saniert. Die Burg erhielt Probebühnen im Arsenal. 2001 wurde das Wiener Museumsquartier eröffnet. Seither gab es nur noch punktuelle Investitionen, etwa ins Haus für Mozart in Salzburg oder beim Belvedere (21er-Haus, Prinz-Eugen-Museum). Die Subventionen wurden in den letzten Jahren nur mehr fallweise und wenig erhöht. Die Kunstinstitutionen mussten die Valorisierung und die Gehaltserhöhungen vielfach aus Eigenem finanzieren. Das geht nach einer Weile an die Substanz: die Kunst.

Wie können die Finanzprobleme gelöst werden?

Etwa, indem die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden, Sponsoring verbessert wird. Durch Übernahme der Gehaltserhöhungen durch den Bund, durch Gleichstellung der Kunstinstitutionen mit den Universitäten. Durch Einmalzahlungen (eine solche erhielten die Bundestheater zuletzt in Höhe von 4,5 Millionen Euro). Die Privatisierung von Kulturinstitutionen ist kaum realistisch: Museen haben auch wissenschaftliche Aufgaben, Theater liefern Eigenproduktionen, beides ist schwerlich rentabel.

Mit 46 Millionen Euro Subvention ist das Burgtheater das vermutlich teuerste Schauspielhaus der Welt. Deutsche Bühnen bekommen die Hälfte. Warum hat die Burg trotzdem Finanzprobleme?

Das Burgtheater hat ein Repertoiresystem. Für den täglichen Vorstellungswechsel braucht man mehr Personal, damit auch mehr Geld als bei anderen Bühnen. Das Burgtheater hat vier Spielstätten: das Haupthaus, das Akademietheater, das Kasino, das Vestibül. Insgesamt gibt es fast 900 Vorstellungen pro Saison. Das Burgtheater hat mehr und aufwendigere Produktionen als andere Bühnen, bessere Schauspieler, feinere Dekorationen. Allerdings ist auch der Apparat üppig ausgestattet: Zehn Mitarbeiter (nicht alle fix angestellt) hat allein die Dramaturgie. Das Ensemble wurde zuletzt reduziert, von mehr als 100 auf circa 80 Schauspieler.

Wo kann gespart werden?

Niemand geht ins Theater oder in die Oper, um zu sehen, wie dort gespart wird. 2011 gaben Österreichs Gebietskörperschaften laut Statistik Austria 2,3 Milliarden Euro für Kultur aus, das sind 0,76 Prozent des BIPs; verglichen mit Ausgaben für Gesundheitswesen oder Verkehr ein geringer Betrag. Dennoch: Eine Evaluierung der Wirtschaftsprüfer Ernst&Young (jetzt EY) bei den Bundestheatern zeigte ein Optimierungspotenzial von 12,4Millionen Euro. Eine gravierende Sparmaßnahme wäre die Umstellung von Repertoire- auf Block- bzw. Ensuite-System. Diese ist eher unwahrscheinlich. Die meisten Theater und Museen sparen im Kleinen, kalkulieren Produktionen knapper, streichen Ausstellungen. Zur Verringerung des Burg-Defizits könnte das Kasino geschlossen werden. Allerdings ist dieses eine beliebte Spielstätte, vor allem bei den Jüngeren. Immer wieder wird Burg-Chef Matthias Hartmann kritisiert, dass er seine Schwester und seinen Schwager beim Kinder- und Jugendtheater beschäftige. Allerdings: Die Jugend ist das Publikum von morgen. Das Kinder- und Jugendprogramm ist stark gefragt. Eine weitere Möglichkeit wäre die „Versilberung“ der Probebühnen im Arsenal (Sale-and-lease-back), was allerdings keine nachhaltige Maßnahme ist.

Warum werden nicht die Karten teurer?

Mit der Zeit würden viel weniger Besucher kommen. Museen und Theater sind hierzulande eine Aufgabe des Staates und nicht nur für Wohlhabende da. Sie sind auch Teil des kulturellen Erbes. Theater haben einen Kulturauftrag, sie sollen auch weniger populäre Stücke spielen. Insgesamt steht die Bühnenkunst heute in einer härteren Konkurrenz zu moderneren Medien wie Film oder bildender Kunst, ihre Finanzierung durch den Staat wird stärker hinterfragt als früher.

Gibt es personelle Konsequenzen der Burgtheater-Krise? Wie wird das alles enden?

Derzeit wird das Burgtheater geprüft, von Wirtschaftsprüfern, bald auch vom Rechnungshof. Besonders gefürchtet sind die peniblen RH-Prüfungen, die meist zu Schlagzeilen mit dem Tenor „Verschwendung von Steuergeld!“ führen. Die Burg-Vizedirektorin und ehemalige Geschäftsführerin hat ihre Entlassung angefochten. Burgtheater-Direktor Hartmann, der auch Geschäftsführer ist, verwies auf seine Haupttätigkeit, die Kunst, aber auch auf geschäftliche Erfolge: etwa die Steigerung der Besucherzahl von 400.000 auf 439.000, der Kartenerlöse von 5,7 auf 7,3 Mio. Euro (2009–2012). (Auslastung: Burg: 86Prozent, Staatsoper: 98Prozent, Volksoper: 80 Prozent.) Hartmanns Vertrag läuft bis 2019, jener von Bundestheater-Holding-Chef Georg Springer wurde mehrfach verlängert, zuletzt bis Jahresende 2014.

Was unternimmt die Politik?

Der neue Kanzleramtsminister Josef Ostermayer hat Burg-Chef Hartmann das Vertrauen ausgesprochen. Neos und Grüne verlangen Aufklärung, mehr Kontrolle und einen Kulturausschuss, in dem die Vorwürfe durch Anhörung der Beteiligten geklärt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2014)

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