Burgtheater: Verdacht auf zahlreiche Straftaten

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Die entlassene Vizedirektorin habe ein "intransparentes Umfeld geschaffen, das eine wirksame interne Kontrolle unmöglich" machte, so die Wirtschaftsprüfer.

In der Affäre um die Gebarung der entlassenen früheren kaufmännischen Geschäftsführerin des Burgtheaters, Silvia Stantejsky, legte die Wirtschaftsprüfungskanzlei KPMG am Donnerstag ihren forensischen Untersuchungsbericht wegen finanzieller Malversationen vor. Dieser bestätigt die Vorwurfe gegen Stantejsky ("Die Presse" berichtete), die bereits im Zwischenbericht enthalten waren Die kaufmännische Direktion sei von Stantejsky "sehr zentralisiert gesteuert und wie eine Containerorganisation geführt" worden, heißt es. Es habe sich der Verdacht auf Urkunden-, Beweismittel- und Bilanzfälschung, Geldwäsche sowie Untreue ergeben. Man werde den Bericht der Staatsanwaltschaft übermitteln, hieß es bei einer Pressekonferenz.

"Frau Stantejsky hat ein intransparentes Umfeld geschaffen, welches es unmöglich machte, ein wirksames Internes Kontrollsystem einzurichten", heißt es in dem Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Sie habe ein System der Abschottung aufgebaut, in dem nur sie über maßgebliche Informationen und Dokumente verfügt habe. Sie habe Bilanzfälschungen begangen und ein System vorgetäuschter Liquidität aufgebaut, in dem die Kassa das zentrale Instrument gewesen sei.

"Diese Vorgehensweise widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung", so der Bericht, der bei einer Pressekonferenz von Burgtheater-Aufsichtsratspräsident Georg Springer am Donnerstagnachmittag in Auszügen der Presse übergeben wurde. In den unterjährigen Finanzberichten sei so die finanzielle Situation falsch widergegeben worden.

Kreditrahmen über 7,5 Millionen Euro

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Burgtheater-Finanzen(c) APA

Offenbar hatte das Burgtheater bei der BAWAG/PSK über einen Kreditrahmen verfügt, der mit 31. August 2011 7,5 Mio. Euro betragen habe, mit der Vorgabe, diesen jährlich um 750.000 Euro zu reduzieren. "Diese Vorgaben wurden auch zum jeweiligen Stichtag eingehalten", heißt es im Prüfbericht, der detailliert nachzeichnet, wie Stantejsky dies erreichte: Durch hohe Einzahlungen unmittelbar vor dem jeweiligen Bilanzstichtag am 31. August habe Stantejsky Geldmittel zugeführt, um die wahre finanzielle Lage des Hauses zu verschleiern.

2011 betrug die Summe der Einzahlungen in den drei Tagen vor dem Stichtag 70.743 Euro, 2012 183.728 Euro und 2013 54.409 Euro. Ob Stantejsky dabei auf eigene Mittel oder ihr treuhändisch zur Vermögensverwaltung übergebene Mittel von Dritten (wie Ensemblemitgliedern) zurückgegriffen habe, sei bisher nicht schlüssig geklärt, so die Prüfer, die anmerken, die gleichzeitige Wahrnehmung von Interessen als Geschäftsführerin des Burgtheaters sowie der Vermögensverwalterin von Dienstnehmern sei "äußerst kritisch zu betrachten". Die in den Folgemonaten wieder erfolgten Mittelentnahmen seien "durch gefälschte Belege und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen" erfolgt.

Bei zahlreichen durchgeführten Akontozahlungen habe die entsprechende Vertragsgrundlage nicht nachvollzogen werden können, da Verträge nicht auffindbar gewesen seien.

Die Vorwürfe des Untersuchungsberichts seien umfangreich, sagte Aufsichtsratsvorsitzender und Bundestheater-Holding-Chef Georg Springer bei einer Pressekonferenz und wiederholte seine Formulierung, Stantejsky habe "dolose Handlungen" begangen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass durch das Verschulden der ehemaligen kaufmännischen Geschäftsführung ein Schaden von 7 bis 8 Mio. Euro entstanden sei.

Es sei unabdingbar, dass die Ermittlungsbehörden, bei denen auch eine anonyme Anzeige gegen Stantejsky eingegangen ist, tätig würden. Auch der Rechnungshof, dessen angekündigte Prüfung man ausdrücklich begrüßt, erhält eine Kopie des Berichts samt Sachverhaltsdarstellung.

Springer: "Bin für das mitverantwortlich"

"Ja, ich bin für das mitverantwortlich. Das ist überhaupt keine Frage", sagte Springer. Seit man jedoch am 11. November 2013 im Rahmen eines Erstentwurfs eines Gebarungsprüfungsberichts auf Ungereimtheiten aufmerksam gemacht worden sei, habe man gehandelt.

Zudem gibt es eine anonyme Anzeige gegen die ehemalige Geschäftsführerin.

Im Vorfeld war eine mögliche Schadenssumme von bis zu 2,7 Mio. Euro im Raum gestanden. Stantejsky bestreitet alle Vorwürfe und hat gegen ihre Entlassung geklagt.

(APA/dpa)

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