Burgtheater: "Springers Rückzug ist eine Augenauswischerei"

Burgtheater; Georg Schima; Katharina Körber-Risak
Burgtheater; Georg Schima; Katharina Körber-Risak(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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"Noch mehr als Hartmanns Entlassung wundert uns Springers Verbleib", sagen die Anwälte des Ex-Burg-Chefs. Er habe die Arbeitsweise von Stantejsky am besten gekannt.

Die Presse: Matthias Hartmann hat gestern nach seiner Entlassung gesagt, er werde sie bekämpfen. Was heißt das konkret?

Katharina Körber-Risak: Das heißt, Hartmann will seinen Ruf wiederhergestellt und seine Ansprüche erfüllt wissen.

Also er will jene Summe, auf die er aufgrund seines Vertrages, der bis 2019 läuft, Anspruch hat?

Georg Schima: Bei einer ungerechtfertigten Entlassung ist das im Gesetz so vorgesehen. Anzurechnen darauf hat er sich nur, was er anderweitig verdient oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Wobei, Hartmann wird sicher nicht gehalten sein, sich irgendwo bei einer Feuerwehrbühne um ein Engagement zu bemühen. Hier spielt die Zumutbarkeit eine Rolle.

Sie sagen, der Wissensstand der Eigentümervertreter, konkret der von Georg Springer, sei wesentlich größer als bisher bekannt. Welche Rolle spielt dieses Argument dafür, ob die Entlassung von Hartmann gerechtfertigt war oder nicht?

Schima: Es spielt eine wesentliche Rolle. Man kann es primitiv arbeitsrechtlich sehen: Der Alleingesellschafter repräsentiert in der GmbH gegenüber dem Geschäftsführer den Arbeitgeber. So wie kein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer entlassen kann, wenn er weiß und toleriert, dass der dauernd zu spät kommt, so gilt das auch im Falle der Burgtheater-Geschäftsführung. Wenn hier etwas passiert ist, wogegen man eigentlich etwas einwenden hätte können, aber die Bundestheater-Holding tut nichts, ist das gleich zu behandeln wie in dem zuvor gebrachten Beispiel. Hier kommt noch verschärfend hinzu, dass die Bundestheater-Holding Alleingesellschafterin des Burgtheaters ist. Georg Springer als ihr Chef konnte und kann jederzeit auch formfrei Weisungen erteilen. Diese Weisungen haben den Charakter eines Gesellschafterbeschlusses. Also das, was mit Wissen des Gesellschafters passiert und geduldet worden ist – und wir reden ja im konkreten Fall von angeblichen rechtswidrigen Dauerzuständen –, kann letztlich nicht als eine Pflichtverletzung dargestellt werden, die dann Anlass für eine Entlassung des Geschäftsführers ist. Und im Falle von Silvia Stantejsky, der entlassenen kaufmännischen Geschäftsführerin, kommt ja noch einiges dazu.

Und zwar was?

Schima: Im Gegensatz zu dem, was Springer wahrheitswidrig behauptet, wurde er aus dem Aufsichtsrat und von Hartmann mehrfach bekniet, sich von ihr zu trennen. Jetzt stellt er es anscheinend so dar, als hätte er darauf hingewirkt, sie rauszuschmeißen. Das ist absurd.

Körber: Bei der Ausschreibung zur kaufmännischen Geschäftsführung 2008, Hartmann war noch gar nicht in Wien, gab es eine ausdrückliche Empfehlung der beigezogenen Personalberatung, Stantejsky nicht zu nehmen. Ihre Schwächen wurden genau dargestellt. Die Auswahlentscheidung hat Springer gefällt. Er hat sich gegen die objektive Empfehlung der Fachleute entschieden, obwohl er ihre Arbeitsweise gekannt hat. Er hat ja jahrelang mit ihrem schlampigen System gelebt, das mitunter auch gar nicht so unerwünscht war.

Nicht unerwünscht, was meinen Sie damit?

Schima: Die Abschreibungspraxis. Springer verschanzt sich nun hinter dem Verhalten der Wirtschaftsprüfer. Es wird noch zu klären sein, wer da welchen Beitrag geleistet hat. Aber es gibt alle möglichen Fallkonstellationen. Ich hecke etwas aus und lasse mir vom Wirtschaftsprüfer – ich spekuliere jetzt – mit einer nicht ganz vollständigen Information das Plazet geben. Oder der Wirtschaftsprüfer entwickelt etwas, und der Eigentümer will dann nicht päpstlicher sein als der Papst. Wie das war, interessiert mich sehr.

Kulturminister Josef Ostermayer stellt sich hinter den Aufsichtsrat. Die Verantwortung des Geschäftsführers sei eine ungleich größere, er sei täglich näher am Geschehen.

Körber: Genau das ist aber nicht richtig. Wenn man sich die Aufsichtsratssitzungen ansieht, ist klar, dass Herr Springer dem Geschehen nicht weniger nah war.

Schima: Ich bin auch nicht der Psychologe des Ministers, aber ein Fehlverhalten Springers würde den obersten Eigentümer, die Republik, mehr in Bedrängnis bringen. Es ist leichter, jemand fallen zu lassen, der weiter unten in der Hierarchie ist. Mehr als die Entlassung Hartmanns überrascht mich das Verbleiben Springers.

Sie finden, er hätte sich auch als Holding-Chef zurückziehen müssen? Bisher hat er nur seine Aufsichtsratsmandate zurückgelegt.

Schima: Der Rückzug aus den Aufsichtsräten der Holding ist eine reine Augenauswischerei. Die Fäden hält Springer nämlich als Chef der Bundestheater-Holding weiterhin in Händen. In einer GmbH sind die Gesellschafter das oberste Willensbildungsorgan, selbst wenn es einen Aufsichtsrat gibt. Auch bei Geschäften, die seiner Genehmigung unterliegen, kann er nach dessen Zustimmung sagen: Ich will das Geschäft nicht – und überstimmt den Aufsichtsrat damit. Springer übernimmt nur scheinbar Verantwortung und behält gleichzeitig seine ökonomische Basis.

ZU DEN PERSONEN

Georg Schima, Partner der Kanzlei Kunz Schima Wallentin, und Rechtsanwältin Katharina Körber-Risak sind auf Arbeitsrecht spezialisiert. Sie vertreten den ehemaligen Burgtheater-Chef Matthias Hartmann. Er wurde gestern von Kulturminister Ostermayer des Amtes enthoben und von Holding-Chef Springer entlassen. Hartmann bekämpft die Entlassung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2014)

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