Das ist doch gar nicht lustig

FOTOPROBE: 'ZIEMLICH BESTE FREUNDE' IN DEN KAMMERSPIELEN
FOTOPROBE: 'ZIEMLICH BESTE FREUNDE' IN DEN KAMMERSPIELEN(c) APA/SEPP GALLAUER
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„Ziemlich beste Freunde“ – Michael Gampe inszenierte einfühlsam eine Bühnenfassung des Erfolgsfilms: Michael Dangl beeindruckt als Millionär im Rollstuhl.

Das Beste kommt zum Schluss? Blödsinn. In der heutigen Zeit ist es so wichtig geworden, stets zu betonen, dass man den Kopf oben hält, in jeder Lebenslage, ob krank oder todkrank, dass der Schock, wenn man ein Unglück am eigenen Leibe erlebt, umso größer ist. So ergeht es dem Millionär Philippe, der beim Paragliden verunglückt und als Querschnittgelähmter erwacht.

Ein Bursche aus dem Ghetto richtet den Verzweifelten mit rüdem Schmäh wieder auf. In dieser Story steckt eine gehörige Portion Euphemismus: Der Diener wird zum Herren. Der Versehrte ist nicht arm, sondern eben steinreich, sein Unglück läutert ihn, macht ihn weise, auch der Bursche, ein Lump, wird gebessert. Solche Märchen liebt das Publikum, speziell wenn sie wie dieses auf einer wahren Geschichte beruhen.

Darum war der charmante, aber überdrehte Film „Ziemlich beste Freunde“ auch ein großer Erfolg. Michael Gampe inszenierte in den Kammerspielen die Bühnenfassung von Gunnar Dreßler, die notgedrungen im Theater mit weniger Outdoor-Gags (rasanten Autofahrten etc.) auskommen muss als der Film. Die Frage, wozu schon wieder ein Film im Theater, ist leicht zu beantworten. Die Aufführung ist amüsant, aber auch ernst. Der Besucher fragt sich: Was bedeutet es wirklich, sich nicht mehr bewegen zu können?

Die Rolle des depressiven, sarkastischen Millionärs hat sich Michael Dangl in bewundernswerter Weise anverwandelt. An seinen Hightechstuhl gefesselt, entwickelt er eine Fülle von Ausdrucksformen, manövriert sein Gefährt souverän und manchmal halsbrecherisch schnell über die Bühne und hat sich die Körpersprache dieses unglücklichen Mannes, der sich unter dem Eindruck der Krebskrankheit seiner Frau selbst zerstört hat, präzise angeeignet.

Auch der deutsche TV-Star Nikolaus Okonkwo ist hinreißend als goschertes Kind der Banlieue im permanenten Hip-Hop-Rausch. Silvia Meisterle gefällt als Magalie, die ein kleines Geheimnis hütet. Gampe tut hier das, was er gut kann, und was am Theater selten ist: Emotionen warmherzig und richtig dosiert aufblättern, ausmalen. Einige wenige Längen gibt es. Insgesamt aber: sehenswert. (bp)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2014)

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