Schabernack mit Alexandre Dumas senior

Kissing Mister Christo
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Oleys „Kissing Mister Christo“ im Theater an der Gumpendorfer Straße: frisch, kritisch und geistvoll. Die Uraufführung in Wien wurde zu Recht heftig beklatscht.

Als 1845/46 der Roman „Le Comte de Monte-Cristo“ von Alexandre Dumas (Vater) in Serie abgedruckt wurde, bemängelten Kritiker das Unwahrscheinliche der Handlung. Das Buch über den geprellten Seemann Edmond Dantès, der durch Intrigen ins Gefängnis kam, sich nach 14 Jahren befreite und an seinen Feinden gnadenlos rächte, wurde dennoch zum Longseller.

Dominic Oley hat sich dieses reißerischen Stoffes im Theater an der Gumpendorfer Straße in „Kissing Mister Christo“ liebevoll angenommen, in einer schrillen, entzückenden Show, die das aktuelle TV-Tingeltangel aufs Korn nimmt. Die Uraufführung in Wien wurde zu Recht heftig beklatscht. Ein Quintett auf der Bühne ließ es so richtig krachen beim Melodram und schwelgte in absurder Überzeichnung.

Entblößte Herzen voller Rache

Es beginnt mit einer „Roasting Show“, für die Alexandra Burgstaller einen herzförmigen rosa Eingang für die Auftritte auf die Bühne gestellt hat. Ein entfremdetes Liebespaar entblößt sich vor dem schmierigen Entertainer Bruce (Jens Claßen) und seinem ebenfalls maskenhaften, schwarz glitzernden Einpeitscher George (Georg Schubert). Es geht vor allem ums Geld. Adolfa (Michaela Kaspar) verliert alles, sogar ihren Bausparvertrag, weil sie ernsthaft wissen will, warum Eve (Elisabeth Veit) sie verlassen hat. Doch sie versteht das Prinzip nicht: Unterhaltung schlägt alles, dafür ist jede Lüge recht.

Mitten in diese entlarvende Ouvertüre jedoch platzt Eddy – Mr. Christo (Raphael Nicholas) ist aufgedonnert metrosexuell. Er erzählt von seinem Verrat, vom Gefängnis, vom Schatz und der Rache. Nach und nach übernehmen auch die anderen vier Darsteller Rollen aus dem Roman, aus der Frühzeit des Kapitals. Oley inszeniert diese lange Rückblende mit leichter Hand, es entsteht eine Mischung aus Absurdem und Dada. Diese Clowns haben Narrenfreiheit in der Verbreitung bitterer Wahrheiten, sie äußern sie sprachverspielt. Machart und Text erinnern an die Stücke von René Pollesch, und zwar an die frischesten. Höchst amüsant. (norb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2014)

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