Don Gil von den grünen Hosen greift zur Pistole wie James Bond

Don Gil von den grünen Hosen
Don Gil von den grünen HosenTheater der Jugend
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Lustig, lärmend und flott inszeniert Direktor Thomas Birkmeir die 400 Jahre alte spanische Komödie von Tirso de Molina. Er überträgt den Text in eine künstlich jugendliche Sprache von heute.

Tirso de Molina (ca. 1579 bis 1648) zählt zu den großen Dramatikern der Barockzeit und zu den produktivsten. Den Stoff holte sich der Madrider Ordensmann oft als Beichtvater. 400 geistliche und weltliche Dramen hat er geschrieben, von denen 70 erhalten sind. Neben dem „Don Juan“ zählt „Don Gil von den grünen Hosen“ zu seinen bekanntesten Werken, ein irrwitziges Liebes- und Verkleidungsdrama. Ist es auch noch nach 400 Jahren attraktiv? Für ein junges Publikum?

Im Theater der Jugend hat sich Direktor Thomas Birkmeir an Übersetzung und Inszenierung gewagt – und gewonnen, wie die zweieinhalbstündige Aufführung am Donnerstag zeigte. Frei hat er die Komödie geschickt in zeitgenössische Sprache verpackt – in künstlichen Jugend-Slang, von acht Darstellern beherzt in Szene gesetzt. Da gibt es keine Altertümelei, sondern es geht um Liebe, Leidenschaft und Rache. Flott werden platte Geschlechterklischees überspielt, das Finale ist furios und voller Sprachspielerei.

Die Ausgangslage: Zwei Tramper mit Rucksäcken betreten erschöpft die Bühne, wo zwei ausrangierte Autositze zu einer Rast einladen. Juana (Iréna Flury) ist mit ihrem Begleiter Camino (Lukas Sartori) auf der Jagd nach ihrem Geliebten Ramón (Johannes Gaan), der ihr die Ehe versprochen, sie aber stattdessen geschwängert und sitzen gelassen hat. Ramón will die reiche Inés (Claudia Kottal) heiraten, wirbt jedoch unter dem falschen Namen Don Gil um sie.

Juana weiß von dem Plan und setzt gleich am Anfang zur Gegenintrige an: Sie nötigt Camino, sich als Nonne zu verkleiden, während sie selbst sich in den knabenhaften Don Gil von den grünen Hosen verwandelt, um ebenfalls das Herz des verzogenen It-Girls Inés zu erringen. Auf geht es, die beiden deuten ins Publikum: Dort unten liegt bereits Madrid. Sobald Camino die schwarz-weiße Nonnentracht übergeworfen hat, ist klar: Dieser Charakterdarsteller wird die meisten Lacher bekommen, diese Heldin in grünen Hosen, die größte Verwirrung stiftet, am meisten Sympathie. Flury und Sartori spielen von Anfang an mit gutem Timing, während die jungen Herren erst noch etwas mit den Versen zu kämpfen haben, dann aber immer besser in Fahrt kommen. Lustvoll und laut gibt Kottal die Temperamentvolle, Felicitas Franz als ihre arme Begleitung Clara hingegen eine Lachnummer, so wie der auch um Liebe bemühte Don Antonio (Florian Stohr). Alle aber haben ihre ganz spezifische Komik.

Frauen küssen Frauen, Männer Männer

Unausweichlich sind bei so viel Verkleidung homophile Anwandlungen. Frauen küssen Frauen, Männer küssen Männer, sie stürzen durch eine Achterbahn pubertärer Gefühle. Da sieht man zwar üppig Klischees, aber die sind in Humor eingebettet und in einen zügigen Handlungsablauf. Duelle mit Pistolen wie im Agentenfilm, ein Ständchen mit Klavier. Eine neureiche David-Statue und eine Nackte mit Kaktuskopf dienen als Dekoration, reihenweise gibt es Türen zum Verstecken, Flüchten und Überraschen (Bühne: Silke Pielsticker). Seltsame Details zieren diesen lärmenden, unbekümmerten Abend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2014)

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