Krasser Karneval von Helge Schneider

HELGE SCHNEIDER
HELGE SCHNEIDERAPA/GEORG HOCHMUTH
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Peter Raffalt inszeniert forciert grob „Mendy – Das Wusical“ des deutschen Entertainers. Die Schauspieler sind recht gut. Aber lustig ist da nichts mehr.

„Katzenklo, Katzenklo“ – diese köstliche minimalistische Lyrik ist nach wie vor das bekannteste Stück bzw. das Erkennungszeichen des deutschen Unterhaltungskünstlers, Schriftstellers, Schauspielers und Musikers Helge Schneider. Er hat noch vieles andere gemacht. Etwa mit der Titelrolle in Dani Levys Film „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ für heftige Debatten gesorgt, wie weit man einen der größten Schlächter der Geschichte verjuxen darf.

Im Burg-Vestibül ist seit Donnerstag Schneiders „Mendy – Das Wusical“ zu sehen. Es geht nicht um Peter Pans Wendy und auch nicht um die Frage, warum sich so viele Mädchen für Pferde begeistern. Auf der CD hat Schneider alle Rollen selbst übernommen, was sehr komisch ist. Die Inszenierung von Peter Raffalt im Vestibül wird auch heftig belacht, nur warum?

Das Stück mischt genial viele Musikstile und ist schwarzer Humor pur. Ein Mädchen und seine Mama wetteifern um die Gunst eines Pferdes, der Vater sitzt nach einem Rodeounfall im Rollstuhl, vielleicht nur vorübergehend, auf jeden Fall fährt er mit Begeisterung Porsche. Seine Frau treibt es mit dem Stallknecht. Als das Pferd das Mädchen abwirft, soll es zum Schlachter, doch Wendy (sic!) opfert sich, und die Eltern stimmen zu, dass sie geschlachtet wird...

Tod im Amy-Winehouse-Stil

Raffalt verzichtet auf Ironie und trockenen Humor und gestaltet einen schrillen überdekorierten Karneval, in dem eine Übertreibung die andere jagt. Es blinkt rot, es fliegen die Beile, eine Horde mobbinglüsterner Gäule tritt auf und macht Mocca, Wendys Menschenpferd, fertig.

Ein Porscheverkäufer preist seine Boliden an. Der entlassene Burg-Chef Matthias Hartmann ist ein Porsche-Fan, vielleicht wollten Schwester Annette und Schwager Peter Raffalt, die das Kinder- und Jugendtheater der Burg führen, sich einen Spaß mit Hartmann machen. Auf jeden Fall hat man den Eindruck, dass diese Aufführung ein grobes Humor-Missverständnis ist. In der Kleinkunst eines Helge Schneider steckt mehr Großkunst als in mancher Staatstheateraufführung. Die Schauspieler sind ganz gut, etwa Johannes Hoff als opernhaft orgelnde Mama, eine böse Tussi, Anne Stein als Wendy, Ferdinand Nowitzky als Vater oder Bernadette Kizik als Schwarzer Vogel Tod à la Amy Winehouse kostümiert. Trotzdem bleibt von dieser Kreation vor allem die Erinnerung an viele F-Wörter, und das entspricht nicht dem, was emanzipatorisches Jugendtheater wirklich zu bieten hat, nämlich allerhand. (bp)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2014)

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