Kauft Kunst!

Ein Kunst-Supermarkt und zwei Off-Messen sollen in Wien die Schwellen niedriger machen.

Zwei Wochen noch und die dritte international orientierte Wiener Kunstmesse, die „ViennAfair“ im Messegelände, läuft vom Stapel. Im Gefolge und in der Vorhut haben sich drei Alternativen formiert, die vor allem eines verbindet: Kunst auch für jene zugänglich und leistbar zu machen, die weder Lust auf Messehallen noch auf Ratenzahlungen bzw. größere Investitionen haben.

„Kauft Kunst!“ lautet so auch recht kompromisslos das Motto von „ARTmART“, der „Ausstellung mit experimentellem Marktcharakter“, die sich in direkter, weil zeitgleicher Konkurrenz zur „ViennAfair“ im Obergeschoß des Künstlerhauses positioniert. Gelockt wird mit jung und zeitgenössisch – sowie einem Einheitspreis von 70Euro pro Bild, Foto, Video, Objekt etc. 218 Künstler wurden durch ein qualitätssicherndes Einladungssystem gefunden: Eine Jury aus Kuratoren, darunter Kaliber wie Peter Weibel (ZKM) und Kunstberaterin Lioba Reddeker, durften jeweils fünf Künstler nominieren. Dadurch sind jetzt u.a. Christian Eisenberger, Judith Fegerl, Moussa Kone, David Moises, monochrom mit dabei. Aber auch reifere Meister wie Deutschbauer/Spring, Oswald Oberhuber und Ona B. Jeder bekommt ein 70cm breites Stück Wand und darf/muss selber auswählen, was er in dieser Woche hier präsentieren und verkaufen will.

„Cheapart“ aus Athen importiert

Das System von „ARTmART“ haben die beiden Organisatoren Lorenz Seidler (bekannt als eSeL-Kunstvermittler) und Künstler Christian Rupp von der Ägäis importiert: Seit 1995 veranstaltet Georg Georgakopoulos in Athen „cheapart“-Ausstellungen – und reist auch zur Wiener Version mit über 70 Künstlern an. Von den anfänglichen Gewissensbissen ob des Dumping-Preises hat sich Seidler jedenfalls schon erholt: Denn einen Tag vor Eröffnung tauschen nur die Künstler untereinander. „Jetzt macht jeder etwas, von dem er denkt, dass es seine Kollegen unbedingt haben wollen“, freut sich der Organisator.

Übrig bleiben müsste für die Laufkundschaft der nächsten Tage trotzdem etwas: Die Künstler sollten schließlich jeweils etwa 20 Werke vorbereiten – „Mit drei Zeichnungen“, so Seidler, „braucht man gar nicht erst mitmachen.“ Mit Schnäppchen von Künstlern, die zum Teil auch auf der „ViennAfair“ vertreten sind, kann also gerechnet werden. Klar muss aber eines sein, betont Seidler: Die einwöchige Aktion sei ein einmaliges „Entgegenkommen der Künstler gegenüber einem neuen Publikum“.

Kunst ausfassen im Ex-Handelsgericht

Einmalig wird ab übermorgen, Freitag, auch die „Space Invasion“ in die Büros des ehemaligen Handels- und Bezirksgerichts in der Riemergasse, Wien 1, sein: Auf sechs Geschoßen präsentieren sich sechs Projekträume und Off-Spaces aus Berlin, Zürich, London und Saint-Etienne. Wien ist mit der Initiative der „Invasions“-Organisatorin Elsy Lahner selbst sowie einer Art Off-Schiene des nahe gelegenen neuen Seilerstätten-Galerienkonglomerats, kuratiert von Galerist Emanuel Layr, vertreten.

Neben diesen beiden temporären Veranstaltungen bekommt Wien ab Ende April aber auch eine ständige Basisstation für Absolute Beginners: TU-Absolvent Christian Smretschnig will mit seinem Kunst-Supermarkt „M-ARS“ eine „sinnvolle Ergänzung“ zu den Galerien schaffen – ohne Einkaufswagerl, aber mit Drehkreuz am Eingang und Scanner-Kassa.

Anders als die deutsche Kette „Lumas“, spezialisiert auf Foto-Editionen, ist das Sortiment hier breitest gefächert und auf Unikate konzentriert. Gestartet wird mit Werken von 50 Künstlern, die sich über das Internet beworben haben und von einer Fachjury, darunter Peter Noever, Gerald Matt, Stella Rollig, begutachtet wurden. Unter den ersten M-ARS-Teilnehmern, die vom Verkaufspreis 65Prozent bekommen, befinden sich Stefan Hilge, Strabag-Art-Award-Gewinnerin Sevda Chkoutova und Ulla Reithmayer.

Inline Flex[Faktbox] WO, WAS UND WANN("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2007)

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