Latex-Stachel im Sammlerauge

Das Dorotheum versteigert Lichtskulptur von Zaha Hadid und MTV-Sofa.

Je mehr Kunst zu dem wird, was einst der ultimative Flat-Screen und die freistehendste Philippe-Starck-Toilette waren, also protzige Status-Möblage für die Lofts der Superreichen, heute Hedge-Fonds-Spekulanten, desto stärker reagieren naturgemäß auch Künstler auf diesen Zeitgeist. Mehr oder weniger subversiv, für österreichische Künstler (Wiener Werkstätte) wieder eine fast schon traditionelle Übung: Franz West war einer der Ersten mit seinen Bänken und Stühlen bis hin zum Teppichmuster für die Mozart-Ausstellung in der Albertina vergangenes Jahr. Und Elke Krystufek präsentierte eine eigene Kleiderkollektion und erarbeitete ihre letzte Personale ausgerechnet mit Exponaten aus dem Museum für angewandte Kunst.

Fotokunst über Omis Couch?

Doch auch international ist die Verschmelzung durch die zunehmende Popularisierung der beiden Gattungen bemerkbar: Atelier van Lieshout wandelt Organe in schicke Bars auf Kunstmessen um und etliche Künstler von Takashi Murakami bis zu einst provokanten Brit-Künstlerinnen gestalteten Handtaschen für Nobelmarken.

Kunst und Design, die Grenzen sind heute fließender denn je, die Berührungsängste zu beiden weitgehend abgebaut – und die Gier nach dem einen wie dem anderen ist so extrem wie noch nie. Wer will denn auch schon ein sauteures Urwald-Foto von Thomas Ruff über Omis Couch hängen?

Dementsprechend wenig wundert der Trend, dass sich zwischen die Dutzenden Satelliten-Messen, die immer dichter die wichtigsten Märkte für zeitgenössische Kunst umschwirren, seit ein, zwei Jahren Design-Veranstaltungen mischen. Erstmals eklatant bemerkbar wurde diese Zweckgemeinschaft in Miami, wo die Party-Dependance der „Art Basel“ auch das semi-lokale Design-Festival in sein cooles Rahmenprogramm drucken ließ. Seit 2006 findet sogar eine eigene erfolgreiche Design-Messe parallel zur „Art“ in Miami wie in Basel statt.

Zwölf Meter leuchtender Lichtstrang

Das „Parnass“-Kunstmagazin widmet dem Phänomen des boomenden Designmarkts gleich seine ganze neue Ausgabe, ab morgen erhältlich. Und in der Mitte seines 300-Jahr-Jubiläums-Taumels, wie im Auge des Orkans sozusagen, liegt nächsten Mittwoch die Design-Auktion des Dorotheums. Eine vergleichsweise junge Sparte des Hauses, die von Expertin Gerti Draxler in elf Jahren aufgebaut wurde – und 2007 ein Rekordergebnis verzeichnen konnte.

Auch in Österreich – und weniger erstaunlich in Italien, woher viele Kunden des Dorotheums stammen – scheinen Namen wie Ron Arad und Zaha Hadid keine rätselhaften Anagramme mehr zu sein. Von Letzterer stammt auch das Highlight der kommenden Auktion, die Lichtskulptur „Vortexx“, deren zwölf Meter langer Lichtstrang sich ähnlich einer Doppelhelix in eine Höhe von zwei Metern windet und dabei ständig die Farbe, von Rot bis Grün, wechselt. Der Beleuchtungskörper, von dem nur drei Stück existieren, war auch bei der Retrospektive der Architektin im Guggenheim Museum in New York 2006 ausgestellt (Schätzpreis: 100.000–150.000 €).

Neben einer Menge Klassikern wie einem ganzen Wald von Carl-Auböck-Baumtischen, einem der einst so geschmähten Stadthallen-Garderobenständer von Roland Rainer und einem „Zig Zag Stuhl“ von Gerrit Rietveld finden sich auch die stachelige Latex-Kussmund-Couch aus dem MTV-Studio der 90er-Jahre (in Silbergrau, 7000–9000€) und ganze Wohnlandschaften aus den 60er- und 70er-Jahren – etwa eine multifunktional als Sofa, Wippe sowie Bar zu gebrauchende strahlend weiße Garnitur von Tony Stubbing (9000–11.000 €).

Lauritz.com nicht mehr in Österreich

Wer seine Arne-Jacobsen-Sessel und Verner-Panton-Pendellampen lieber im Internet ersteht, dürfte sich voriges Jahr gefreut haben, als das auf Designer-Möbel spezialisierte dänische Auktionshaus „Lauritz.com“ in Österreich eine Niederlassung eröffnete („Die Presse“ berichtete). Eine Freude, die nicht lang währte: Heute ist Lauritz in Österreich wieder nur virtuell erreichbar. Im Dezember entschieden sich die Welser Franchise-Nehmerin Judith Hesz und das Auktionshaus, das Geschäftsverhältnis zu beenden, so Lauritz-Konzept-Chef Anders Jensen.

Inline Flex[Faktbox] LESEN UND STEIGERN("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2007)

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