Die österreichische Kunst in der Krise

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Zeitgenössische Kunst boomt weltweit – die österreichische nicht. Österreich hat kein starkes Museum für junge Kunst, keine Biennale, keine Kunststiftung.

Überall boomt zeitgenössische Kunst. In den Londoner und New Yorker Auktionssälen stehen zweistellige Millionenbeträge für Gerhard Richter, Jeff Koons, Damien Hirst auf der Tagesordnung – gilt doch hochpreisige Kunst gerade angesichts von Finanzkrisen als relativ sichere Aktie. Das Kunstsammeln, aber auch der Besuch von Galerien und Museen, ist weltweit populär wie noch nie. Erstmals seit Beginn der Moderne um 1860, so erklärte Tobias Meyer, Chefauktionator von Sotheby's, der „Süddeutschen Zeitung“, hat die zeitgenössische Kunst ihren „Angstcharakter“ verloren, ist das „wohlhabende Bürgertum“ nicht mehr belustigt oder schockiert von zeitgleicher Kunst, sondern schätzt sie.

Österreich ist, was die Künstler betrifft, von diesem Zustand allerdings meilenweit entfernt. Während junge Briten, Polen, Chinesen und Deutsche in Jahresabständen zu den neuen Stars ausgerufen werden, führen junge Österreicher bis auf wenige Ausnahmen wie Gelitin und Markus Schinwald ein Schattendasein.

„Warum ist deutsche Kunst so erfolgreich?“ titelte vor kurzem „Die Zeit“, die gar nicht fassen konnte, dass ihre „vergrübelte“ Kunst der „Zweifler“ plötzlich so geliebt wird. Unter dem Label „Young German Art“ erfährt die deutsche Kunst mit Zentrum Berlin zurzeit einen Aufschwung, von dem wir Nachbarn im Osten nur träumen können. Auch wenn – wie rund um die heute, Mittwochabend, startende Wiener Messe für zeitgenössische Kunst, die „Viennafair“ – Galeristen und Messemacher die heimische Kunstszene gerne euphorisch und verkaufssteigernd hochleben lassen.

Außer Schiele und Klimt konnten sich bisher aber keine österreichischen Künstler dauerhaft in der obersten Liga von Kunstmarkt und Ausstellungswesen behaupten. Auch wenn gerade dort auffällig viele österreichische Galeristen wie Thaddaeus Ropac und Ursula Krinzinger mitmischen.

Gründe dafür gibt es viele – einige davon wird man schwer beeinflussen können. Etwa dass die erfolgreichsten Künstler auch aus den mächtigsten Ländern kommen, weil jeder als Erstes Kunst seines eigenen Landes sammelt.

Viele andere Gründe, vor allem strukturelle, gelten aber sehr wohl als veränderbar. Die in Österreich traditionell unentschlossene Kunstpolitik zum Beispiel: Obwohl allein die Zahl der Bundesmuseen-Besucher die der Wiener Bundes- und Privattheater schon längst überholt hat (2,52 gegen 3,71 Mio. 2005/06), spielt ein starkes Bekenntnis zur zeitgenössischen Kunst vor allem in gedruckter Form eine Rolle – in Regierungsprogrammen wie dem jetzigen etwa. Oder als ewiges mündliches Bekenntnis für eine Stiftung zur Förderung zeitgenössischer Kunst – dafür immerhin von Kunstministerin und Bundeskanzler.

Von jeher fehlt in Wien auch ein großzügig mit Raum und Budget ausgestattetes Museum für moderne und zeitgenössische Kunst – um die neuesten internationalen Entwicklungen in Wien ausstellen und um die eigenen Künstler international aufsehenerregend positionieren zu können. Und während in den letzten Jahren weltweit mehr als 100 Kunst-Biennalen aus dem Boden geschossen sind, haben sich sowohl Bund als auch Stadt Wien noch immer nicht zu einem so prestigeträchtigen Kraftakt durchringen können. So bekam etwa die gerade laufende „Berlin Biennale“ 2006 von der Kulturstiftung des Bundes eine 2,5 Mio. Euro hohe Finanzspritze. Sie ist mittlerweile Fixtermin für Opinionleader der Kunstszene. Nach Wien lockt sie nichts nur annähernd Vergleichbares.

Fünf Experten im InterviewSeite 2("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2008)

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