Streit in Kärnten: Der radikal nationalistische Sänger Marko Perkovic soll zum Euro-08-Auftakt auftreten.
Satanische Verse“ verbreiten sie, die Antichristen, Freimaurer und Kommunisten, „um uns fertigzumachen“, singt er in „E, moj Narode“ („Oh, mein Volk“) – aber er hält dagegen und zu seinem „von Gott ausgesuchten“, mit „steinernen Genen“ ausgestatteten Volk, zur „Heldengeneration“, die „noch immer an der Front“ sei: Marko Perkovic, 42, ist einer der erfolgreichsten Popsänger Kroatiens.
Eben deshalb hat ihn der Lavanttaler Sportklub St.Andrä eingeladen, am 7.Juni beim „Public Viewing“ des EM-Auftakts zu singen: Er soll kroatische Gäste anlocken.
Lieder aus dem Ustascha-Repertoire
Perkovic' Spitz-, Künstler- und Bandname „Thompson“ kommt von der Maschinenpistole, die er im Kroatien-Krieg benutzte. Und schon zu Beginn des Krieges (1991) rief er im Song „Bojna Cavoglave“ zum Kampf gegen die „serbischen Tschetnik-Banden“ auf und drohte ihnen: „Unsere Hand erreicht euch auch in Serbien!“
Nur ein übereifriger Nationalist? Nun, im Lied „Jasenovac i Gradiska Stara“ besang er in affirmativem Ton das Konzentrationslager Jasenovac, das als „Auschwitz des Balkans“ galt; er streut Verse mit antisemitischem Einschlag ein („Söhne Judas haben unsere Träume verkauft“); er schreckt auch vor Liedgut der Ustascha nicht zurück. Den kroatischen Präsidenten Stipe Mesic, der sich vom faschistischen Ustascha-Regime distanziert hat, beschimpft er teils unflätig. Er sammelt Geld für die Verteidigung des wegen Kriegsverbrechen angeklagten Generals Ante Gotovina. An Merchandising-Ständen bei seinen Konzerten werden Sliwowitz-Flaschen mit dem Porträt von Ustascha-Führer Ante Pavelic verkauft. Und als Perkovic im Juli 2007 im Maksimir-Stadion in Zagreb auftrat, reckten ihm Konzertbesucher, teils mit Symbolen der Ustascha behängt, die rechten Arme entgegen. Ein Auftritt in Sarajevo wurde nach Protesten abgesagt; in Luzern, Frankfurt und auch Wien ist er aber schon aufgetreten.
Dass Perkovic auch bei vielen gar nicht totalitär gesinnten Kroaten ankommt, liegt vielleicht an seinen – wie Sprecher des Serbokroatischen versichern – innigen Worten für seine Heimat, vielleicht auch an seinen heftigen Bekenntnissen zum römischen Katholizismus in einer national-kroatischen Ausprägung: Der Himmel solle für sein Vaterland noch einmal einen Sohn schicken, singt er in „E, moj Narode“.
BZÖ: „Nur ein großer Patriot“
Gegen den Auftritt in St.Andrä protestiert u.a. der Kärntner SPÖ-Landesgeschäftsführer Gerald Passegger: Perkovic sei ein „rechtsradikaler Irrer“, zu befürchten sei, dass Fotos von Fans mit erhobenen rechten Armen aus Kärnten via TV um die Welt gehen. ÖVP-Klubchef Stephan Tauschitz sprach von einem „definitiv vermeidbaren Risiko“. Peter Stauber, SP-Bürgermeister von St.Andrä, sieht zwar eine „fragwürdige Gesinnung“, aber keinen Grund für ein Verbot. Und der geschäftsführende BZÖ-Landesparteiobmann hat gar nichts gegen Perkovic einzuwenden: „Er singt über die Heimat. Er ist doch nur ein großer Patriot. Das sind wir hier in Kärnten auch.“
LEXIKON: Ustascha
Kroatische faschistische Bewegung, 1929 gegründet. „Ustase“ heißt „Aufständische“. Übernahm 1941 die Macht in Kroatien. Der mit NS-Deutschland verbündete Ustascha-Staat erließ Rassengesetze, errichtete Konzentrationslager. Allein in Jasenovac wurden an die 100.000 ermordet. Nach 1945 floh die Ustascha-Führung ins Ausland. Heute ist in Kroatien das Tragen von Ustascha-Symbolen verboten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2008)