Das Burgtheater klagt Hartmann

Matthias Hartmann.
Matthias Hartmann. APA (Jäger)
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"Presse" exklusiv. Die frühere SPÖ-Ministerin Schmied soll als Zeugin gegen Ex-Burgtheaterchef Hartmann aussagen. Aufgrund der finanziellen Schieflage bangen 50 Mitarbeiter der Burg-Schwester Art for Art um ihren Job.

Wien. Zwei Monate nach der Entlassung von Burgtheaterchef Matthias Hartmann gehen hinter den Kulissen erneut die Wogen hoch. Wie die „Presse“ erfuhr, fährt das Burgtheater weitere juristische Geschütze gegen Hartmann auf. Am 14. Mai wurde beim Arbeits- und Sozialgericht Klage eingebracht. Und zwar als Sicherheit für jenen Fall, dass Hartmann mit der Bekämpfung seiner Entlassung bei Gericht Erfolg hat. Dann nämlich müsste das Haus dem zu Unrecht gechassten eine Kündigungsentschädigung zahlen. Das heißt, Hartmann hätte Anspruch auf sein volles Gehalt, und zwar bis zum Ende seines Vertragsverhältnisses 2019. Das ist ein hübsches Sümmchen, insgesamt geht es um etwa zwei Millionen Euro.

Die Anwälte des Burgtheaters werfen Hartmann vor, seine Vertragsverlängerung erwirkt zu haben, in dem er seine Vorgesetzten arglistig in die Irre geführt hat. Diese Vereinbarung wäre „niemals abgeschlossen worden“, hätte man von Hartmanns „Malversationen und Verhaltensweisen“ Kenntnis gehabt, steht in der Klage. Ausgerechnet jene SP-Kulturministerin Claudia Schmied, die Anfang 2012 - also schon zweieinhalb Jahre vor dem Ende der ersten Amtsperiode Hartmanns - entschieden hat, seinen Vertrag bis 31. August 2019 zu verlängern, soll nun als Zeugin gegen ihn aussagen. Als weitere Zeigen gegen Hartmann werden geführt: Bundestheaterholding-Chef Georg Springer, sein Stellvertreter Othmar Stoss und Sektionschef Michael P. Franz.

Ex-SPÖ-Ministerin Schmied ist Zeugin

Hartmann habe vom „Schwarzgeldsystem“ der ehemaligen kaufmännischen Direktorin Silvia Stantejsky „nicht bloß gewusst, sondern dieses auch zu seinem eigenen Vorteil in Anspruch genommen“, so der Vorwurf.  Konkret sind damit Hartmanns Honorare gemeint, die er sich für seine Vorbereitungszeit und für Regiearbeiten von Stantejsky bar auszahlen und bei ihr geparkt haben soll, „offenbar um diese Bezüge so einer Versteuerung in der Schweiz und Österreich zu entziehen.“ Eine vertragliche Grundlage für den Großteil der Gage, nämlich für 263.000 Euro, konnten die Burg-Anwälte übrigens bisher noch nicht ausfindig machen. Hartmann selbst hat wenige Wochen vor seiner Entlassung eine Selbstanzeige gemacht.

Warum fährt das Burgtheater so einen harten Kurs gegen Hartmann? Es geht um viel Geld. Wenn die Anwälte mit der neuen Klage Erfolg haben, hätte Hartmann mit einem Schlag seinen Anspruch auf sein Salär bis 2019 verloren. Statt zwei Millionen Euro erzielte er nur noch fünf Monatsgehälter bis 31. August 2014. Also bis jenem Tag, an dem seine erste Amtszeit offiziell ausgelaufen wäre.
Hartmanns Anwältin Katharina Körber hält den Schritt des Burgtheaters „für einen juristischen Blödsinn. Vielleicht will man Zeit gewinnen, um nicht zu hören, was wir in einigen Wochen zu sagen haben.“ Derzeit sind Hartmanns Rechtsvertreter nämlich damit beschäftigt, einen Schriftsatz vorzubereiten, indem sie ihre Sicht der Dinge darlegen. Mit harten Vorwürfen gegen Georg Springer, der bis vor kurzem noch Aufsichtsratsvorsitzender der Burg war, ist darin fix zu rechnen.

Etwa 50 Mitarbeiter müssen gehen

Das Drama um Geld, Macht und Intrigen fordert aber auch viele unbeteiligte Opfer. Die Budgetverhandlungen mit den Holding-Töchtern gestalten sich schwierig. Kein Wunder. Bei der Art for Art Theaterservice GmbH plant man sich von über 50 Mitarbeitern mit Ende August zu trennen, nachdem die Umsätze im letzten Jahr massiv eingebrochen sind. „Vor allem das Burgtheater  hat unsere Leistungen nicht mehr im selben Umfang nachfragen können, das hat uns vor große Probleme gestellt“, sagt  Geschäftsführer Josef Kirchberger. Wie viele Dekorateure, Maler, Tapezierer, Tischler und Bildhauer ihren Arbeitsplatz verlieren werden, wollte er nicht sagen: „Das steht noch nicht fest. Aber es sind viele, ich habe schlaflose Nächte.“

Betroffen sind vor allem die Mitarbeiter der Dekorationswerkstätten im Wiener Arsenal, aber auch bei den Kostümwerkstätten in der Goethegasse soll es Kündigungen geben. Und wohl auch an den Bühnen selbst. Kirchberger: „Auch dort muss personalmäßig massiv gespart werden. Davon bin ich überzeugt.“
Der nächste Akt des Burg-Dramas findet Ende Juni oder Anfang Juli statt. Dann beginnt jener Prozess, bei dem Hartmann seine Entlassung bekämpft.

("Die Presse"-Printausgabe vom 23.5.2014)

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