Rechnungshof-Kritik an Bundestheater: 100.000 Euro in der Kasse

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Im Bericht bemängelt der Rechnungshof unrealistische Finanzierungskonzepte, nicht genehmigungsfähigen Dreijahrespläne und teure Evaluierungen ohne Konsequenzen. Gehälter wurden öfter bar ausgezahlt als bisher bekannt.

Der Rechnungshof hat heute, Mittwoch, den Endberichts zur Bundestheater-Holding veröffentlicht und kritisiert Holding und Politik darin scharf. Nicht genehmigungsfähige Dreijahrespläne, "keine realistischen" Finanzierungskonzepte und teure Evaluierungen ohne Konsequenzen: Dem Rechnungshofbericht zufolge sind weder die Bundestheater-Holding noch das zuständige Kulturministerium ihren Kontrollaufgaben in Bezug auf die Bundestheater hinreichend nachgekommen.

In seinem rund 160 Seiten umfassenden, die Geschäftsjahre 2009/2010 bis 2011/12 behandelnden Bericht hält der Rechnungshof (RH) fest, dass die Bundestheater-Holding "ihre strategische Führungsrolle im Hinblick auf Darlegung des mehrjährigen Finanzbedarfs für den Bundestheater-Konzern unzureichend" erfüllte. So seien mit Burgtheater, Staatsoper und Volksoper "keine genehmigungsfähigen Dreijahrespläne" erarbeitet und "keine realistischen mehrjährigen Finanzierungskonzepte" erstellt worden.

Auch dem Kulturministerium, damals unter SPÖ-Ministerin Claudia Schmied, wird mangels Maßnahmensetzung, teurer, teilweise nicht schriftlich festgehaltener Evaluierung sowie nicht nachvollziehbarer Prämien an Holding-Geschäftsführer Georg Springer ein schlechtes Zeugnis ausgestellt.

Vier-Augen-Prinzip nicht angewandt

Relevant vor dem Hintergrund der Krise nach den finanziellen Unregelmäßigkeiten am Wiener Burgtheater ist vor allem die heftige Kritik am internen Kontrollsystem der Holding: So sei das Vier-Augen-Prinzip beim Anlegen und Ändern von Personenkonten nicht immer angewandt worden und seien Geschäftsführer Springer sowie der Prokurist der Holding bei Bankkonten jeweils einzelzeichnungsberechtigt gewesen. Dies habe die Holding erst im Laufe der Gebarungsprüfung geändert.

Mehr Barzahlungen als bisher angenommen

Größer als bisher bekannt scheint auch das Ausmaß, in dem die drei Theaterhäuser Gagen, Honorare und Reisekosten sowie Bezüge und Bezugsvorschüsse in bar ausgezahlt haben. So seien in den Kassen von Burgtheater, Volksoper und Staatsoper zum Monatsletzten jeweils mehr als 100.000 Euro in bar vorhanden gewesen, was "zu einem erhöhten Sicherheitsrisiko" führe. Stolze 8,91 Millionen Euro seien in den Geschäftsjahren 2009/10 bis 2011/12 bar ausgegeben worden und damit "hohe Verwaltungsaufwendungen" entstanden, wie es heißt.

Mit 7,13 Millionen Euro entfielen davon allein rund 80 Prozent der Barauszahlungen allein auf das Burgtheater. 2,8 Millionen Euro davon zahlte die Burgtheater GmbH an Gastkünstler, 288.623 Euro an ihre Beschäftigten.

Die höchste Anzahl der insgesamt 229 Barauszahlungen sei jedoch an den künstlerischen Geschäftsführer Matthias Hartmann gegangen. 39 Barzahlungen in der Höhe von 8,40 bis 1000 Euro (gesamt rund 10.170 Euro) betrafen Hartmann, wobei "nicht unmittelbar erkennbar war, ob es sich um eine dienstliche Veranlassung handelte". Im selben Atemzug kritisiert der RH auch Hartmanns Erteilung einer Vollmacht an die damalige kaufmännische Geschäftsführerin Silvia Stantejsky über ein Honorar von 40.000 Euro.

Einsparpotential bei 5000 Euro angesetzt

In den Aufsichtsratssitzungen der Bühnengesellschaften und der Bundestheater Holding GmbH wurden "keine Maßnahmen zum Ausgleich der in den Dreijahresplänen ausgewiesenen Fehlbeträge eingefordert", bemängelt der Rechnungshof weiters. Nachsatz: Die Bundestheater Holding erstellte auf Basis dieser Dreijahrespläne für das Kulturministerium Strategie- und Finanzierungskonzepte.

Ein von der Holding ausgearbeiteter Maßnahmenkatalog habe zwar rund 12,37 Mio. Euro insgesamt an Optimierungspotenzial ausgewiesen. "Lediglich ein Optimierungspotenzial von 5000 Euro war als Neuerung nachvollziehbar", so der RH.

Die Quartalsberichte von Holding und ihren Töchtern haben laut RH in etlichen Quartalen von 2009/10 bis 2011/12 nicht "die gesetzlich vorgesehenen Rückstellungen" ausgewiesen; die "Qualität der Quartalsberichte war mangelhaft, Qualitätssicherungsmaßnahmen der Bundestheater-Holding GmbH fehlten".

Geschäftsführer Springer habe "als Vorsitzender der Aufsichtsräte der Tochtergesellschaften deren ungenauen Jahresbudgets" zugestimmt und "keine Maßnahmen zur Verbesserung der Planungsqualität" gesetzt. In der Koordination sämtlicher Tochtergesellschaften sieht der RH "Optimierungspotenzial", da Leistungen in den Bereichen Publikumsdienst, Reinigungsleistungen, Druckleistungen und Mobiltelefonie nicht konzernweit bezogen worden waren.

Kulturministerium forderte keine Maßnahmen

Auch (unterlassene) Schritte des Kulturministeriums in den geprüften Geschäftsjahren 2009/2010 bis 2011/2012 wurden heftig kritisiert. So habe die Bundestheater-Holding in den Finanzierungskonzepten für den Bundestheater-Konzern negative Ergebnisse und daher einen zusätzlichen Finanzbedarf ausgewiesen, das Kulturressort habe aber nicht auf die Ausführungen der Holding reagiert und auch keine Maßnahmen eingefordert. Auch konnte das Ministerium dem Rechnungshof keine schriftlichen Unterlagen über die Analyse der von der Holding übermittelten Quartalsberichte vorlegen. So habe das Kulturressort bei den "mangelhaften" Quartalsberichten des Beteiligungscontrolling etwa keinen Ausweis der gesetzlich vorgesehenen Rückstellungen eingefordert.

In Kritik gerät im RH-Bericht auch die Evaluierung des Bundestheater-Konzerns, für die das Ministerium rund 522.000 Euro ausgab. Davon seien allein 175.000 Euro und somit rund ein Drittel des Betrags "insbesondere auf Begleitung, Koordinierung sowie die Beurteilung der Ergebnisse der Effizienzanalyse der Bühnengesellschaften" durch einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater entfallen. Dieser habe seine Leistung an das Kulturressort jedoch "grundsätzlich nur mündlich" erbracht, "daher war diese Leistung nicht nachvollziehbar", heißt es im RH-Bericht.

Nach der Effizienzanalyse wurde weiters nicht die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, sondern die Bundestheater-Holding damit beauftragt, die Bewertung der einzelnen "Optimierungspotenziale" durchzuführen - also die angenommene Steigerung der Erträge und Reduktion der Aufwendungen. Auffallend ist hierbei die unterschiedliche Bewertung des Potenzials, das von den Wirtschaftsprüfern mit rund 14,15 Mio. Euro und vonseiten der Bundestheater mit nur 10,08 Mio. Euro beziffert wurde. Diese auch für den RH nicht erklärliche Differenz von gut 4 Mio. Euro sei vom Ministerium nicht hinterfragt worden, zudem sei "ein mögliches Optimierungspotenzial nicht weiter verfolgt" worden.

258.000 Euro brutto Jahresgehalt für Springer

Auch die Rolle Springers als Geschäftsführer wird ausführlich beleuchtet. Einer der Hauptkritikpunkte ist dabei die Tatsache, dass die Position des Geschäftsführers der Holding seit 1999 nie öffentlich ausgeschrieben wurde, obwohl dies das Stellenbesetzungsgesetz vorsah. Zudem habe Springer im Jahr 2011 zusätzlich zu seinen monatlichen Bruttobezügen einen Zuschlag von 36,9 Prozent erhalten, wodurch sein Bruttojahresbezug auf rund 258.000 Euro anstieg.

Auch die für die Gewährung einer leistungs-und erfolgsorientierten Prämie notwendigen Zielvereinbarungen seien erst um bis zu sieben Monate nach Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres mit dem Ministerium abgeschlossen worden. Darüber hinaus seien Springer für "Leistungen, die als Aufgaben in seiner Arbeitsplatzbeschreibung enthalten oder den üblichen Tätigkeiten eines Geschäftsführers entsprachen", Prämien von 20.000 Euro pro Jahr gewährt worden. 2009/2010 sei diese Prämie gar höher gewesen, "als aufgrund der Beurteilung der Zielerreichung zu gewähren gewesen wäre".

Der RH vermisst auch einen Wertekatalog zum Thema Compliance-Kultur. So habe die Holding "die Beurteilung von Korruption gänzlich in die Sphäre der einzelnen Mitarbeiter verlagert". Formulierte Vorgehensweisen oder Konsequenzen im Hinblick auf Vorteilszuwendungen und Interessenskonflikte fehlten. Zu schaffen sei "die Aufgabe eines Compliance-Verantwortlichen", so der RH, "der auch als neutrale Ansprechperson für die Mitarbeiter fungiert".

Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) dankte dem Rechnungshof in einer ersten Stellungnahme und nannte die Kritik einen "wichtigen Beitrag zur Reform der Holding".

(APA)

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