Ostermayer entscheidet selbst über Burg-Chef

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Ostermayer (c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Die Burg-Führung wird bis Ende 2014 bestellt. Die Holding werde neu gebaut und 2016 ausgeschrieben, sagt das Büro des Kulturministers. Ex-Rechnungshof-Präsident Fiedler hält Schadenersatzforderungen für möglich.

Minister Ostermayer erwartet im Herbst den Vorschlag der Findungskommission für die Burg-Führung. Die Entscheidung über die Direktion ab 2016 trifft er aber selbst – bis Ende 2014. Das erklärte am Freitag Ostermayers Pressesprecher für Kultur, Matthias Euler-Rolle, der „Presse“. Er lasse mögliche strafrechtliche Konsequenzen bzw. Schadenersatzforderungen prüfen, die sich aus dem vernichtenden Rechnungshof-Bericht über die Bundestheater ergeben, so Ostermayer im ORF. Anwalt Georg Angermaier werde prüfen, sagt Euler-Rolle und weiter: „Es wird jetzt alles ausgeschrieben, auch das Naturhistorische Museum“, seit 2010 von Christian Köberl geleitet. Die Ausschreibung wird am heutigen Samstag veröffentlicht.

Ein Organisationsberatungsunternehmen mit internationaler Erfahrung, das ebenfalls mittels Ausschreibung gesucht wird, soll Vorschläge zur Neustrukturierung der Bundestheater-Holding unterbreiten, kündigt Euler-Rolle an: „Die Holding wird neu gebaut.“ Bis Ende 2015 soll Günter Rhomberg sie führen, 2016 soll die Holding neu besetzt werden. Im ORF hat Ostermayer gesagt, eine Zerschlagung der Holding komme infrage, aber er glaube nicht, dass dies das Ergebnis der Sondierungen sein werde. Rhomberg hat in der „Presse“ vor der Zerschlagung der Holding gewarnt. Diese würde dazu führen, dass das Ministerium wieder mehr Aufgaben übernehmen muss.

„Vernachlässigung der Aufsicht“

Der RH-Bericht, der im Herbst ins Parlament kommen wird, hat u.a. ein völliges Versagen der Kontrolle durch Holding und Politik festgestellt. Für Franz Fiedler, den ehemaligen Rechnungshof-Präsidenten und Ehrenpräsidenten der NGO Transparency International, sind die Malversationen bei den Bundestheatern nicht typisch für die Kultur: „Das ist ein oft geäußertes Vorurteil, das nicht stimmt“, betonte Fiedler am Freitag: „Staatsopern-Direktor Ioan Holender hatte sein Haus bestens im Griff. Im Übrigen sollte man nicht vergessen, dass der ehemalige Holdingchef Georg Springer nicht aus dem Kunstbereich kam, sondern aus der öffentlichen Verwaltung. Er wusste also, worum es bei Ökonomie und Bilanzen geht.“

Wie ist Fiedlers Einschätzung möglicher Schadenersatzforderungen? „Ich möchte nicht personalisieren. Im Fall einer Schädigung der Holding respektive des Staates ist es möglich, gegen den Schädiger vorzugehen. Die Bundestheater-Holding ist ein Unternehmen, und wir haben gesehen, dass es in anderen Fällen wie der Hypo Alpe Adria Schadenersatzklagen gegen die Verantwortlichen, die früheren Vorstände der Hypo, gegeben hat.“ Ostermayer will auch die Verantwortung des zuständigen Sektionschefs Michael Franz prüfen lassen. Geht das bei einem ausgegliederten Betrieb? Fiedler: „Seitens des Ministeriums hat eine Aufsichtspflicht bestanden, der Beamte oder Vertragsbedienstete hat Verantwortung. Man kann prüfen, ob Vernachlässigung vorliegt. Allerdings ist bei Schadenersatzforderungen nicht das Ministerium, sondern die Holding die erste Option.“

RH-Berichte über die Bundestheater waren schon oft verheerend, auch in der Zeit, als Fiedler von 1992 bis 2004 RH-Präsident war. Könnte es sein, dass der RH besonders kritisch bei Kunstbetrieben ist? Und kann man das Bundestheater-Debakel wirklich mit dem milliardenschweren Hypo-Skandal vergleichen? Fiedler: „Natürlich kann man das nicht vergleichen. Allerdings steht nicht die Quantität des Schadens im Vordergrund, sondern es geht um Grundsätzliches. Dass der RH nie ein Freund der Bundestheater war, das ist nicht richtig. Er hat in wechselnden Abständen Prüfungen durchgeführt und in seinen Berichten immer wieder feststellen müssen, dass es Unzukömmlichkeiten gegeben hat. Das geht zurück bis in die Ära von Robert Jungbluth.“

Jungbluth (1928–2009) war in den 1970er- und 1980er-Jahren eine ähnliche Institution bei den Staatsbühnen wie Springer. Entscheidend, so Fiedler, sei jedenfalls, „ob die Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit beachtet wurden. Enorme Barauszahlungen beim Burgtheater sind in einer Zeit internationaler Geldwäscherichtlinien unüblich und ein Zeichen, dass hier sehr lax vorgegangen worden ist.“ Oft werden RH-Berichte erst heftig debattiert, dann schubladisiert. „Das wird diesmal nicht passieren“, so Grünen-Kultursprecher Wolfgang Zinggl. Er will sich für einen Unterausschuss zum RH-Ausschuss im Parlament einsetzen: „Auch eine Amtshaftungsklage gegen Ex-Kulturministerin Claudia Schmied sollte überlegt werden.“ Es sei ein „Fehler gewesen, dass sie den Vertrag von Sektionschef Franz verlängert“ habe: „Dass beim Burgtheater das Geld mit vollen Händen zum Fenster rausgeschmissen wird, wusste jeder. Im internationalen Vergleich hat kein Theater so viel Geld wie die Burg.“

„Ein grundlegendes Umdenken im gesamten darstellenden Kunstbereich“ fordert die IG Freie Theaterarbeit. Die Off-Szene erreiche knapp 50 Prozent des Theaterpublikums, die geförderten Künstler und Gruppen erhielten aber nicht einmal zehn Prozent der Gesamtmittel, so die IG am Freitag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2014)

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