Romy Schneider: Von Kameras verfolgt

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Das darstellerische Genie der früh verstorbenen Aktrice ist vom tragischen Mythos überschattet. Zum 70. Geburtstag gibt es eine attraktive Werkschau.

Drohend zeichnen sich derzeit die ersten Filmbiografien über Romy Schneider am Horizont ab – in einer soll sie gar von Popsternchen Yvonne Catterfield verkörpert werden. Davor kann man nun noch einmal einige herausragende Filme der großen Schauspielerin im Kino wiedersehen: Rechtzeitig zu ihrem 70.Geburtstag am 23.September zeigt das Filmarchiv Austria eine Romy-Schneider-Werkschau im Wiener Metro, in der einigen großen und einigen eher unvermeidlichen Klassikern eine attraktive Auswahl seltener Arbeiten zur Seite gestellt wird.

Sofern den Filmen ein Eigenleben zugebilligt bleibt: Im Mythos Romy Schneider ist das Filmschaffen zunächst einmal vom Privatleben überschattet, vor allem von den späten Tragödien, die (nicht nur) die Regenbogenpresse weidlich ausschlachtete. Nach den gescheiterten Beziehungen, dem Selbstmord ihres ersten Mannes 1979, dem tragischen Unfalltod ihres Kindes 1981 war das Herzversagen der trinkenden, stets von Fotografen verfolgten Schauspielerin am 29.Mai1982 rasch als Schlusspunkt eines „Selbstmords auf Raten“ eingestuft. Qualitätsmedien boten immerhin poetischere Deutungen: „Gestorben an gebrochenem Herzen“, titelte etwa die „Süddeutsche“.

Die Geschichte von Romy Schneider verlangt geradezu danach, als Fallstudie gelesen zu werden: Ein Mädel aus alter Wiener Schauspielerdynastie, Kinodebüt mit 15 Jahren (an der Seite von Mama Magda Schneider), dann gleich mit den Sissi-Filmen zum Star geworden – aber bald rebellierte sie auch schon gegen ihr Image als süßer Backfisch: „Ich kam mir wie ein österreichischer Schmarrn vor, den man verschlingen wollte. Ich bin nicht zuckersüß. Ich bin ungeduldig, eigensinnig und nervös.“

Suche nach Herausforderungen

Das belegte sie privat, spätestens als sie mit der Familie brach, um Alain Delon nach Paris zu folgen, den sie 1958 beim Dreh zur Schnitzler-Verwässerung Christine kennen und lieben gelernt hatte. Und beruflich: Die Herausforderungen, die ihr in den heilen Welten des deutschen Trivialkinos der Fünfziger nicht gegönnt waren, suchte Schneider dann anderswo. Die Arbeitswütige – 43 Lebensjahre, 60 Filme – versuchte es in den frühen Sechzigern auch in Hollywood, fand aber erst keine vielschichtigen Rollen, auch wenn sie etwa in Otto Premingers großem, unterschätztem Historienfilm The Cardinal(1963) einen bemerkenswerten Auftritt hat.

Wieder in Europa erreichte sie schließlich ihren darstellerischen Zenit, vor allem in Frankreich, wo „La Schneider“ noch immer zu den beliebtesten Aktricen zählt. Sie spielte u.a. für Claude Chabrol, Joseph Losey, Andrzej Zulawski, besonders fruchtbar ihre Arbeit mit Claude Sautet: Ab Die Dinge des Lebens (1969) veredelte sie fünf seiner Bürgermelodramen mit geheimnisvoller Aura.

Schneiders stupende schauspielerische Verwandlungsfähigkeit trug zum Mythos noch bei, manche Produktionen spielten damit: Ihre Kaiserin Elisabeth in Luchino Viscontis monumentalem melancholischen Monarchen-Requiem Ludwig II. (1973) war auch eine boshafte Sissi-Revision, ein außerordentlicher Akt der Zurückweisung ihres einstigen Bildes. Und fast unheimlich wirkt in diesem Kontext Bertrand Taverniers Death Watch – Der gekaufte Tod (1980), ein medienkritischer Science-Fiction-Film, der überhaupt immer besser und aktueller aussieht: Da spielt Schneider eine Todkranke, die ihr Sterben ans Fernsehen verkauft hat – und gnadenlos von Kameras verfolgt wird.

AUF EINEN BLICK

Werkschau Romy Schneider im Metro-Kino Wien: 11.September bis 7.November.

„Romy Schneider. Film Rolle. Leben“ heißt das Buch zur Schau von Karin Moser (Hg.).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2008)

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