Franzobel: Metternich-Methoden bei Nestroy-Verleihung

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Der Autor distanziert sich von den Moderations-Texten, die er für die Gala schrieb. "Kaum fünf Prozent" würden verwendet, so Franzobel. Er wirft den Verantwortlichen "Feigheit und Eitelkeit" vor.

Der mit dem Verfassen der Moderationstexte beauftragte Autor Franzobel distanziert sich von der Nestroy-Gala, die morgen im Ronacher stattfindet. Von seinem ursprünglichen Textbuch sei in der von den Veranstaltern und der Moderatorin Maria Happel erstellten Endfassung "kaum noch fünf Prozent" übrig geblieben. Das habe Franzobel am Dienstag erfahren. "Die Grundidee der Preisverleihung als Theaterstück ist verschwunden. Die Pointen, poetischen Bilder, ironischen Spitzen? Alles weg!", so der Autor in einer schriftlichen Distanzierung, die den Titel "Große Schmiere" trägt. In dieser wirft Franzobel den Verantwortlichen "Feigheit und Eitelkeit" vor. Bereits im Vorjahr hatte Autor und Produzent David Schalko Ähnliches beklagt und sein Buchcredit kurzfristig zurückgezogen.

Keine Zensur versprochen

Franzobel habe "mit einigem Zeitaufwand (und im scheinbaren Einverständnis aller Beteiligten) ein humoriges, nachdenkliches, aber auch provozierendes Preisverleihungstheaterstück entwickelt", schreibt er. Davon werde allerdings "nichts zu sehen sein". "Ende August hat man mich gefragt, ob ich das Buch für diese Veranstaltung schreiben will. Nach den letztjährigen Querelen um David Schalko war ich skeptisch. Man hat mir aber zugesichert, dass ich keine Zensur zu befürchten hätte. Also willigte ich ein", so Franzobel. "Wer mein Schreiben auch nur etwas kennt, weiß, dass heischende Lobhudeleien von mir nicht zu erwarten sind", schreibt der Autor.

Die ihm gestern übermittelte Buchfassung sei "ein verängstigter, Speichelleckender und leider auch eitler Maria Happel Privatabend, der vor allem Angst hat, jemandem auf die kleine Zehe zu steigen. Wer das zu verantworten hat, weiß ich nicht." Er wisse aber, "dass ich mich von diesem Abend entschieden distanzieren muss. Für eine Behübschung mit meinem Namen stehe ich hier nicht zur Verfügung - auch auf die Gefahr hin, dass ich nach dieser Entgegnung in den nächsten zehn Jahren mit Sicherheit keinen Nestroy mehr erhalten werde. So darf man mit Texten nicht umspringen, das sind Metternich-Methoden." Franzobel wundert sich: "Und warum die Nestroy-Gesellschaft überhaupt Bücher in Auftrag gibt, wenn die dann doch nicht gespielt werden, bleibt mir ein Rätsel."

"Schockiert" über Eskalation

Werner Urbanek, der Obmann des den "Nestroy" organisierenden Vereins Wiener Theaterpreis ist "schockiert über diese Eskalation, die nicht zu erwarten war". Bereits im Vertragstext sei festgehalten worden, dass das im Auftrag gegebene Buch "kein Theaterstück, sondern eine möglichst intelligente Showvorlage" für eine Leistungsschau der österreichischen Theaterszene sein solle. Es sei klar gewesen, dass das von Franzobel abgelieferte Buch alleine vom Textvolumen viel zu umfangreich für die Veranstaltung gewesen sei und dass in der Moderation auch die Leistungen der Nominierten zu würdigen seien. Auch sei klar gewesen, dass sich Happel als Moderatorin den Text auch durch Kürzungen und Umschreibungen zu Eigen machen müsse.

Man sei immer davon ausgegangen, dass die Änderungen der Moderation in enger Absprache zwischen Autor und Moderatorin stattfänden. Franzobel sei allerdings nicht immer leicht erreichbar gewesen und habe aus Krankheitsgründen auch zu gemeinsamen Arbeitstreffen nicht erscheinen können, heißt es aus dem Verein.

(APA)

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