Kabarett: Ein Nichtangriffspakt zur Unterdrückung der Triebe

Kabarett Niedermair
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In "Heil!Therapie" treten die Kabarettisten Jürgen Vogl und Gerhard Walter erstmals gemeinsam auf. Adolf Hitler wird zum Patienten Sigmund Freuds, die Pointen sind aufgelegt.

Hitler geht zu Freud in die Praxis. „Sieg heil“, begrüßt er ihn. „Sigmund“, korrigiert Freud. Im Stück „Heil!Therapie“ malen sich Jürgen Vogl und Gerhard Walter aus, was wohl dabei herausgekommen wäre, wenn sich Adolf Hitler und Sigmund Freud begegnet wären.

Wer sich jetzt ein Psychogramm Hitlers erwartet, wird enttäuscht: Der Diktator sucht den Psychoanalytiker in erster Linie auf, weil er sich „beruflich verändern“ möchte, das Leben als Führer und Reichskanzler sei nichts für ihn, lieber würde er einen Hundesalon eröffnen. Um die Motivation hinter diesem grotesken Wunsch freizulegen, geht Freud nun eine ganze Reihe von psychiatrischen Konditionen mit ihm durch, eine erste Diagnose ist auch bald gefunden: Hitler habe die orale und anale Phase auf einmal: „Sprechdurchfall.“

Mit dieser Art Humor geht es durch den Abend. Vogl als sanft leiernder Freud und Walter als trotziger Hitler hanteln sich durch die Therapiesitzungen und verbinden sämtliche Klischees, die die beiden Figuren umranken, zu mehr oder weniger treffenden Witzen. Freud passiert ein – Sie wissen schon – Versprecher, Hitler präsentiert sich als pathologisch herrschsüchtiger Tyrann, der seine Zuneigung zu seiner Geliebten Eva Braun nicht ausdrücken kann, sie aber anbrüllt, wenn sie den Geschirrspüler nicht „bis zum letzten Winkel mit Geschirrgut befüllt“ - man stelle sich das in angestrengt gepresster, fast Donald-Duck-artig quakender Stimme vor.

Einiges hier hat man ihn ähnlicher Form schon gehört, Nazi-Sprech auf Alltagssituationen umgemünzt haben etwa schon Ster- und Grissemann in der „deutschen Kochschau“. Einiges ist durchaus komisch, etwa wenn der sexuell blockierte Hitler über die Beziehung mit „Evchen“ sagt: „Wir haben einen Nichtangriffspakt abgeschlossen.“ Über weite Strecken ruht sich das Programm aber auf aufgelegten Pointen aus.

Tiefgründiger wird es erst zum Schluss, als Freud im Rahmen einer Familienaufstellung den prügelnden Vater, die wegsehende Mutter und Hitlers „besten Freund“ Stauffenberg ins Licht rückt. Da wird Hitler zum jämmerlichen, törichten, unter Realitätsverlust leidenden Diktator, der nicht aufhört, dem Volk vom Sieg vorzugaukeln. „Die Wahrheit siegt doch immer“, versucht Freud ihn zur Vernunft zu bringen. Hitler kontert: „Aber erst nach zwei Generationen.“

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