Hosea Ratschiller: Ein Medley doppelter Zungen

Hosea Ratschiller
Hosea RatschillerErnesto Gelles
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In seinem fünften Kabarettprogramm widmet sich der FM4-Ombudsmann als Familenvater und Erdmännchen dem Thema "Doppelleben".

„Read my lips: no new taxes“ war ein effizienter Satz in George Bushs Wahlkampf 1988. 1990 erhöhte er diverse Steuern. „I did not have sexual relations with that woman“, schwindelte Bill Clinton 1995 und vergaß auf die Schmutzwäsche seiner Praktikantin. "Ausspähen unter Freunden - das geht gar nicht", markierte Angela Merkel im Zuge der amerikanisch-deutschen Handy-Krise. Und, na ja, irgendwie ging es doch.

Ein Medley doppelter Zungen eröffnet das neue Programm von Hosea Ratschiller, diesem unverschämt sympathischen, verschämt ausschweifenden Menschen. Wie es heißt? "Doppelleben". Um was es geht? Um viel: das doppelmoralische, rätselhafte, hinterfotzige, scheinheilige, heuchlerische, verlogene Leben und dessen Spielfiguren im kapitalistischen Großen und zwischenmenschlichem Ganzen. Man kann den Überblick verlieren. Macht er Stand-up oder hat das Programm einen Text? Wahrscheinlich von beidem etwas. Ratschiller wechselt dafür ganz kess die Rollen, als Spießer-Brigitte macht er den Abenteuern des Grafen Bobby Konkurrenz. Seine Performance als Erdmännchen, beispiellos.

Die Wahrheit des Alters

Außerdem liefert der bewährte Radio-Ombudsmann ein „Häppchen Kultur aus dem Spielautomaten“, oder anders: er zeigt an, dass in Österreich ein privater Glücksspielkonzern Hochkultur finanziert und wie seltsam es ist, die freie Kunst mit einem Haufen Unglück zu füttern. Dann erzählt er von seiner Frau, ihren biegsamen Lendenwirbeln, dem Kind. Er imitiert Franz Beckenbauer und seine Sicht auf den Feminismus, der „irgendwo auch eine Menschenrechtsbewegung ist“. Er lässt einen Pakistani für sich auf linksradikalen Seiten surfen, damit Google nicht merkt, was ihm wirklich gefällt. Er kämpft mit dem Alter, obwohl es ihm Weisheit gebracht hat, die er in Form "seiner Wahrheiten" vorträgt.

Ja, doch vom „Dschungelcamp“ verpasst er trotzdem keine Folge, auch wenn es „die Vorbereitung des gesellschaftlichen Niedergangs“ sei. Er versucht zu erklären, warum man nicht aus der Kirche austritt, wenn man sie doch nie betritt, lässt gleichzeitig das Tagebuch seiner Frau und die Wohnungen seines Publikums aufbrechen. Dann erklärt er den Kapitalismus an der Supermarktkasse und fragt sich, wie die Neuordnung Europas ohne Waschmaschine gelungen ist. Und dabei ist Wäsche aufhängen doch das zentrale Element seines stumpf gewordenen Familienlebens. Sie merken schon, es ist viel. Aber es zahlt sich aus.

Termine

Hosea Ratschiller spielt sein Programm "Doppelleben" demnächst am 3., 10., 17. und 24.2. im Kabarett Niedermair in Wien, weitere Termine auf www.hosearatschiller.at.

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