„Das Zebra ist eigentlich ein Anarchist“

Universum
Universum(c) ORF (Tom Hugh-Jones)
  • Drucken

Roland Schimmelpfennig diskutierte im Kasino am Schwarzenbergplatz über sein Stück „Das Reich der Tiere“.

„Wir gelten als die Lieben, sind es aber nicht.“ So charakterisierte der deutsche Theatermacher Roland Schimmelpfennig (*1967) am Dienstag bei einer Soiree im Kasino des Burgtheaters seine Generation. Mit Demokratie habe nämlich sein Beruf nichts zu tun. Fast klang ein wenig Sehnsucht nach der guten alten Zeit mit: Einer aus der Altersgruppe der Despoten, etwa der Regisseur Peter Stein, habe kein Egoproblem, vermutet Schimmelpfennig.

Der Autor und Regisseur, der zu den meistgespielten Dramatikern im deutschsprachigen Raum zählt, hat sich in die Karten blicken lassen. Mit den Schauspielern Caroline Peters (sie spielt bei ihm eine Ginsterkatze) und Philipp Hauß (er spielt einen Autor und Regisseur, der gerade „in“ ist) sprach er über seine Art von Theater. Haide Tenner moderierte. Sein Stück „Das Reich der Tiere“ wird am 28.Februar im Akademietheater in Österreich erstaufgeführt. Die Uraufführung liegt mehr als sieben Jahre zurück. Der 2009 verstorbene Jürgen Gosch inszenierte diesen Mittelteil einer Trilogie in Berlin. In dem Stück wird den Figuren übel mitgespielt – es geht um Schauspieler, die um ihre Existenz bangen. Ihre seit sechs Jahren laufende Show, in der sie völlig austauschbar als Tiere verkleidet spielten, wird abgesetzt. Was ist schlimmer – keinen Job zu haben oder im folgenden Stück, einer „Parabel des Untergangs“, nur Objekte aus der Küche zu geben?

„Hire and Fire“ auch am Theater

Das Gespräch im Kasino wurde am Ende eine Liebeserklärung an das Theater. Schimmelpfennig: „Das wird es immer geben.“ Allerdings glaubt er, dass der Neoliberalismus auf seine Kunst abfärbe. Auch hier gelte „hire and fire“. Die Bildung des Ensembles verliere an Bedeutung: „Es ging Stil verloren.“ Er plädiert für die Würde der Schauspieler, sie vermittelten doch immer auch Seele, es gehe dabei nicht nur um Fleisch wie in der Pornografie oder im bloßen Entertainment. Peters: „Wir haben einen Beruf, in dem es nie ganz einfach ist, immer die Würde zu bewahren.“ Zudem sei es „ein Fluch meiner Generation, dass man sich ständig selbst verwirklichen soll“. Sich für das Schauspiel zu entscheiden, sei genauso mutig, wie etwa Skandinavistik zu studieren, meint Hauß: „Beim Schauspieler sieht man aber deutlicher als in den meisten Berufen den Erfolg. Das ist Stress für alle.“ Und Schimmelpfennigs Lieblingstier? Er mag sture Zebras. Sie seien nicht zu dressieren: „Das Zebra ist eigentlich ein Anarchist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.