Gastspiel des Burgtheaters in Ungarn löst Eklat aus

FOTOPROBE ´DIE M�WE´
FOTOPROBE ´DIE M�WE´(c) APA (GEORG HOCHMUTH)
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Der Schauspieler Martin Reinke kritisierte vor der Aufführung von "Die Möwe" die rechtsnationale ungarische Regierung.

Ein Gastspiel des Wiener Burgtheaters am Nationaltheater Budapest hat am Sonntagabend einen Eklat ausgelöst. Der Schauspieler Martin Reinke verlas am Ende von Jan Bosses Inszenierung von Tschechows "Die Möwe" eine Erklärung, in der er die rechtsnationale ungarische Regierung kritisierte. Theaterdirektor Attila Vidnyanszky verlangt nun eine Erklärung von Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann.

Das Gastspiel fand im Rahmen des Madach International Theatre Meeting (MITEM) statt, zu dem u.a. auch das Mailänder Piccolo Teatro, das Moskauer Künstlertheater oder das Nationaltheater Bukarest eingeladen wurden. Der Deutsche Reinke, der in "Die Möwe" Jewgeni Sergejewitsch Dorn verkörpert, äußerte in seiner überraschenden Erklärung Sorgen um die "schwere Situation" des ungarischen Volks und der Kultur und beklagte, dass sich das Land unter Ministerpräsident Viktor Orban "immer mehr vom Geist der Demokratie und von Europa entfernt".

Vonseiten des Burgtheaters hieß es, dass man ursprünglich im Rahmen eines Publikumsgesprächs mit Jan Bosse mit den Besuchern in Dialog treten wollte. Nachdem Bosse nicht anreiste, sei es den Schauspielerin wichtig gewesen, ihre Besorgnis betreffend der aktuellen Entwicklung anderweitig auszudrücken.

Konservativer und anti-modernistischer Theatermacher

Das Gastspiel hat ohnehin eine brisante Vorgeschichte: Attila Vidnyanszky war 2013 auf den wegen Regimekritik in Ungnade gefallenen Nationaltheater-Intendanten Robert Alföldi gefolgt. Der 51-Jährige gilt als konservativer und anti-modernistischer Theatermacher. Als seinen Anspruch formulierte der beschriebene neue Direktor die Positionierung des Nationaltheaters als ein "mit internationalem Maßstab gemessenes bedeutendes Theater, das die ganze Nation als ihr eigenes Theater betrachtet".

Für Vidnyanszky war Reinkes politischer Auftritt dennoch keine Überraschung gewesen, hatte er doch eine simultane Gegenaktion vorbereitet, berichteten ungarische Medien. Während Reinke seinen Protest-Text in deutscher und englischer Sprache verlas, gab es auf dem Bildschirm, der vorher den ungarischen Tschechow-Text zeigte, die Namen von 13 antihabsburgischen, ungarischen Generälen zu lesen. Diese Militärs waren im Jahr 1849 im damals ungarischen, heute westrumänischen Arad als Landesverräter hingerichtet worden. Die Episode gilt in Ungarn als Symbol für die österreichische Unterdrückung der Ungarn.

In der Folge gab es Proteste von zahlreichen europäischen Kulturschaffenden gegen die als politisch motiviert wahrgenommene Besetzung, darunter auch vom damaligen Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann, der etwa eine Gastspiel-Einladung des Ungarischen Nationaltheaters ablehnte.

Nach Platzen des Finanzskandals am Burgtheater verzichtete das Ungarische Nationaltheater seinerseits auf eine Teilnahme am "Ungarn-Festival" am Burgtheater im März 2014.

(APA)

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