Festspiele Stockerau: Prügeln unterm Kirchturm

Don Camillo und Peppone
Don Camillo und Peppone(c) www.ehnpictures.com
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In „Don Camillo und Peppone“ werden Konflikte vergnügt weggerauft, ein leibhaftiger Jesus schaut zu.

So wirklich gehasst haben sie einander ja nie, der katholische Pfarrer Don Camillo und der kommunistische Bürgermeister Peppone, die ewigen Streithansln, geschaffen von Giovannino Guareschi kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. In Gerold Theobalts Bühnenfassung, die derzeit unter Zeno Staneks Intendanz bei den Festspielen Stockerau zu sehen ist, wird das vor allem in der zweiten Hälfte deutlich: Da sitzen die beiden Rivalen versöhnlich auf einer Holzbank, stoßen mit Wein an und lassen sich vom leibhaftigen Jesus die Zigarren anzünden.

Bis es zu einem solch friedlichen Moment kommt, werden aber noch kräftig die Fäuste geschwungen im Schatten der Stockerauer Barockkirche. Regisseur Stanek lässt seine Darsteller alle erdenklichen Prügelmethoden durchexerzieren, da wird im Takt der Mandolinenklänge gewatscht, die Damen hauen mit Fächern und Handtaschen, die Männer bevorzugen den Kinnhaken, die Liebenden schmusen zwischendurch, dann dreschen sie wieder aufeinander ein, und irgendwann kommt der sonst so gütige Don Camillo (toll: Horst Heiss) und fährt mit dem Holzkreuz wie mit einem Rammbock durch die Menge. Jessas Maria!

Ja, Grund zum Zanken haben die verfeindeten Lager im italienischen Boscaccio, dargestellt durch bunte Häuserfassaden, genug: Der kernige Kommunist Peppone (Christoph F. Krutzler) hat die Bürgermeisterwahl gewonnen, sehr zur Missgunst des Pfarrers und der wohlhabenden Zunft der Großgrundbesitzer, die in Don Camillo ihren moralischen Vertreter sehen. Dass die Tochter des reichsten Landwirts einen glühenden Bolschewiken liebt, stachelt die verfeindeten Lager in ihrer Streitlust noch mehr an.

In Stockerau wird aus dem beliebten Stoff ein kurzweiliges, klamaukiges Spiel, das neben viel Haudrauf-Komik auch die Befindlichkeiten und tiefen sozialen Gräben der Nachkriegsgeneration veranschaulicht. Die hölzerne Jesus-Figur in Don Camillos Kirche, die dessen Tun mit Rat und Tadel begleitet, erwacht in der Inszenierung zum Leben: Dieser Jesus (Christian Strasser) wacht nicht nur vom Kreuz aus über das Dorfleben, sondern mischt sich gern auch mit praktischen Tipps in die Handgreiflichkeiten ein.

Und holt die oft überhöhten Sorgen der Menschen auf eine weltliche Ebene herunter. „Wenn du meine Prellungen hättest!“, stöhnt da etwa der erschöpfte Pfarrer. Sein Herr beschwichtigt: „Don Camillo, mich hat man gekreuzigt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2015)

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