Labiche oder: Viel Traubisoda, wenig Blut

Der Preis des Monsieur Martin
Der Preis des Monsieur Martin(c) SSK
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Altmodisch und ganz nett: „Der Preis des Monsieur Martin“ bei Wolfgang Böcks Schloss-Spielen in Kobersdorf.

Am Ende gewinnt die Aufführung plötzlich Schärfe, nimmt Tempo auf, doch die meiste Zeit fühlte man sich in die 1950er-Jahre versetzt – bei den Schloss-Spielen in Kobersdorf, wo Dienstagabend Labiches Komödie „Der Preis des Monsieur Martin“ in der Fassung von H.C. Artmann und Barbara Wehr Premiere hatte: Ferdinand Martins „Lebensmensch“ ist sein bester Freund Agénor. Dieser hat ein Verhältnis mit Ferdinands Frau Loïsa – die er inzwischen gern wieder loswerden möchte. Ein neuer Lover steht bereit, Hernandez Martinez aus Südamerika. Die Kontrahenten reisen von Paris nach Chamonix – sie wollen einander ermorden...

Patrick Guinand inszenierte ohne psychologische Tiefe, aber handwerklich ordentlich: keine Spur von ländlicher Schmiere. Das Publikum bekommt die erwünschte unkomplizierte Unterhaltung. „Taugt ma'“, lautete der Kommentar eines Premierengastes. Traditionelles französisches Vaudeville – Labiche bildet mit Feydeau und Scribe das Zentrum dieses Genres – und Artmanns sprachliches Gruselkabinett finden nicht recht zusammen. Der melancholische Grundton in Labiches spätem Stück ist gestrichen, und der Humor manchmal etwas grob.

Heimspiel für Fernsehlieblinge

Aber das Ensemble (teilweise bekannt aus Film und TV) ist gut – und dem Auge wird etwas geboten: in Erich Uiberlackers Bühnenbild mit Projektionen, Kuckucksuhren, Alphorn. Wirklich außergewöhnlich wirken Gerti Rindler-Schantls Kostüme: Sie sehen nobel aus, sind gemäß der Entstehungszeit des 1876 uraufgeführten Werkes designed, charakterisieren die Figuren präzise, setzen komische Lichter.

Die tollsten optischen Verwandlungen – rotes Barett, alpines Guerilla-Outfit, grüne Tarnkleidung mit Helm – hat sich Kobersdorf-Intendant Wolfgang Böck gesichert. Als spanisch schnarrender Hernandez Martinez, Baumwolle-Spekulant, der die französischen „Weicheier“ verachtet („Du hast Traubisoda statt Blut in den Adern!“), umgarnt Böck mit Macho-Charme die kokette Loïsa (Konstanze Breitebner). Den stärksten Applaus erntete bei der Premiere Wolf Bachofner als allerdings etwas stark outrierender betrogener Ehemann. Köstlich: Sebastian Knözinger und Saskia Klar als lüsterne Flitterwöchner. (bp)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2015)

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