Horváths Gebeine und ein Mysterienspiel

Vorschau auf Bundesländer-Bühnen: Minidramen in Graz, Zigarre mit Freud, zweimal »Lola Blau«.

Witzige Titel, aktuelle Themen, bekannte Autoren – gleich 13 Uraufführungen zeigt die neue Grazer Schauspielhauschefin Iris Laufenberg zur Eröffnung ihrer ersten Saison am 12.September: Von Thomas Arzt, der in „Die Gegenwart Stille“ bei einer Reise in den Süden über Heimat nachdenkt, bis Peter Turrini, der „Horváths Gebeine“ bei ihrer Überführung von Paris nach Heiligenstadt verfolgt. Horváth wurde auf dem Weg ins US-Exil 1938 in Paris bei einem Gewitter auf den Champs-Elysées von einem Ast erschlagen.

Weitere Minidramen zum Grazer Eröffnungsfest steuern Clemens J. Setz, Ferdinand Schmalz bei, die Auswahl beschränkt sich aber keineswegs auf Österreicher. Eben so wenig Laufenbergs Spielplan. Aber Ed Hauswirth, der sich immer wieder auf originelle Weise mit bekannten Stücken auseinandersetzt, wird in Graz „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth inszenieren, jenes Werk, das den Dichter an seinem letzten Lebenstag beschäftigte: Horváth hatte mit Regisseur Robert Siodmak über die Verfilmung des Romans (1937) gesprochen. Das Salzburger Landestheater spielt ab 18.9. „Lola Blau“ von Georg Kreisler (1922–2011); auch das Linzer Landestheater hat das „Ein-Frau-Musical“ im Spielplan: Es geht um eine Sängerin, die 1938 vor den Nationalsozialisten flüchten muss und bei ihrer Rückkehr nach Österreich erkennt, dass sich die Menschen wenig verändert haben.


Musil, Zweig. Hellmuth Matiasek, gebürtiger Wiener, früher Intendant am Münchner Gärtnerplatztheater, hat für die Salzburger Landesbühne ein Mysterienspiel geschrieben: „Das Salzburger Spiel vom verlorenen Sohn“: Ein junger Mann begehrt während der Bauernaufstände im 16.Jahrhundert gegen die patriarchalische Gesellschaft auf. Ein weiterer junger Mann steht im Mittelpunkt von Robert Seethalers „Der Trafikant“, diese Uraufführung ist ebenfalls in Salzburg zu sehen: Der 17-jährige Dorfjunge Franz Huchel trifft als Lehrling in einer Wiener Trafik Sigmund Freud, die zwei freunden sich an, kurz vor der Emigration des Begründers der Psychoanalyse nach London. Etwas abgelegen für Wiener, aber immer eine Reise wert: Innsbruck. Tirols Landestheater zeigt (allerdings erst im Juni 2016): „Himmelsgeigen und Höllenfeuer“, ein Opernpasticcio mit Musik von Heinrich Ignaz Franz Biber über „das abenteuerliche Leben des Tiroler Geigenbauers Jakob Stainer“.

Ambitioniert und nahegelegen: Das NÖ-Landestheater in St.Pölten präsentiert im November „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ von Robert Musil als „Klassenzimmertheater“, ferner „Ungeduld des Herzens“ von Stefan Zweig, eine Uraufführung. Die tragische Geschichte eines jungen Offiziers, der einer jungen Frau Hoffnungen macht, die im Rollstuhl sitzt, war zuletzt 2012 bei den Festspielen in Reichenau zu sehen. In St.Pölten schreibt Autor Thomas Jonigk die Theaterfassung und inszeniert auch. Im Jänner kommt in St.Pölten Fritz Hochwälders „Der Himbeerpflücker“ heraus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2015)

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