Matte Räuber frei nach Schiller im Werk X

Pedro Martins Beja macht wenig aus dem stürmischen Freiheitsdrama.

Friedrich Schillers Stück „Die Räuber“ ist ein Frühwerk, es wurde Anfang 1782 als erstes seiner Dramen in Mannheim uraufgeführt und war in seinem Schrei nach Freiheit eine Sensation, ein Politikum. Der bei der Premiere anwesende Autor wurde dann (wegen zweimaliger unerlaubter Absenz von der Karlsschule) 14 Tage in Arrest gesteckt. Er war 22 Jahre alt. Aber muss man dieses Schauspiel deshalb infantilisieren? Eben dies ist in der Inszenierung von Pedro Martins Beja passiert, die am Donnerstag im Werk X in Meidling Premiere hatte. „Räuber. Das Leben stiehlt auch nur vom Tod (schrei Schiller schrei)“ nennt sich seine Annäherung an den Stürmer und Dränger.

Genauso umständlich und emphatisch wie der Titel sind auch die eineinhalb Stunden dieses so biederen wie korrekten politischen Theaters. Laut Programmzettel setzt sich der Regisseur „mit der Frage auseinander, ob in der idealistisch geprägten Auflehnung Schiller'scher Prägung auch im totalitären Kapitalismus der Gegenwart noch subversive Elemente zu finden sind“. Was immer diese Spekulation bedeuten soll: In diesem Spiel hält sich der Umsturz in Grenzen. Es langweilt rasch, zum Teil auch, weil einige Schauspieler eher schlecht artikulieren (unter den fünf Darstellern fällt allein Hanna Binder durch ihre Intensität positiv auf, sie ist Jäger und Gejagte zugleich).

Franz, die entblößte Kanaille

„Ich will mit Geld nichts zu tun haben“, wird eingangs Modeschöpfer Karl Lagerfeld zitiert, „Embrace Or Die“ steht leuchtend an der Wand, per Lautsprecher heißt es, dass man sich im „Wartesaal Europas“ befinde. Das und eine EU-Flagge reichen an Aktualität. Bald mangelt es nach recht flottem Beginn aber an Ideen, sie werden durch Aktionen ersetzt. Die Räuber, die sich um Karl Moor (Dennis Cubic) sammeln, sind Brandschatzer – warum also nicht für eine Weile eine Feuerwand quer über die Bühne legen? Sie lenkt ab vom Gebrüll, aber bald ist auch dieser Einfall verpufft. Einmal fließt reichlich Theaterblut, man zeigt sogar ein bisschen Nacktheit (Daniel Wagner als die Kanaille Franz muss sich für eine Szene entblößen), alle singen dann auch noch fast christlich in Glitzergewändern, aber zwingend wirken diese Szenen nicht. Eher matt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2015)

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