Der österreichische Dadaist Raoul Hausmann ist hierzulande so gut wie vergessen. Regisseur Markus Kupferblum will das ändern, mit seiner Hommage „Die Wolkenpumpe“ zum Dada-Jubiläum.
„Die Kunst ist nicht in Gefahr – denn die Kunst existiert nicht mehr! Sie ist tot“, grollte der Maler, Fotograf und Schriftsteller Raoul Hausmann im Dezember 1919 in der Zeitschrift „Der Dada“. Und endete: „Nieder mit dem deutschen Spießer!“ Das Wahre, Gute und Schöne schien nach dem Weltkrieg obsolet, was konnte man als Künstler also machen? Wenig Sinnvolles, entschied ein Grüppchen von Intellektuellen und Künstlern, das sich 1915 im Hinterzimmer eines Zürcher Gasthofs traf und dort seine Ratlosigkeit durch die Darbietung „sinnloser“ Kunst zelebrierte. Dada nannten sie die neue Richtung, mit der plötzlich Collagen aus Müll und Alltagsgegenständen Einzug in die Kunst hielten. Der in Wien geborene Hausmann entdeckte 1916 in Berlin den Dadaismus und gründete mit dem „Oberdada“ Johannes Baader die Berliner Dada-Bewegung.
Genau hundert Jahre danach huldigt Regisseur Markus Kupferblum dem einzigen österreichischen Dadaisten Hausmann am 5. Februar mit einer dadasophischen Ehrerbietung – einer Performance aus Text, Tanz und Musik, genannt „Die Wolkenpumpe“ – nach dem gleichnamigen Lyrikband des Dadaisten Hans Arp. Die Produktion „wird bunt, grell, durchgeknallt, einfach dadaistisch“, sagt Kupferblum. Den roten Faden bilden Errungenschaften aus Hausmanns Werk, aber auch Produktionen anderer Mitglieder der Dada-Bewegung sollen dargeboten werden. Mit seinem Ensemble, den Schlüterwerken, arrangiert Kupferblum die Texte mit viel Geräusch: Es wird gesungen und gekrächzt, den Höhepunkt soll eine Rülpser-Husten-Nies-Arie bilden.
„Als Prophet im eigenen Land gilt Hausmann in Österreich bis heute nicht viel“, bedauert Kupferblum. Wie der Dadaismus überhaupt, lehnte auch Raoul Hausmann die Verwertungslogik des (Kunst-)Markts radikal ab. Er war bekannt als „Scharfrichter der bürgerlichen Seele“, als kämpferischer Freigeist, der interdisziplinär agierte. Hauptsächlich beschäftigte er sich mit Fotomontagen und Lautgedichten, er gehörte auch zu den Erfindern des sinnfreien Plakatgedichts. In Österreich geriet er bald in Vergessenheit. Ab 1933 galt seine Kunst als entartet, er emigrierte aus Deutschland nach Spanien und später nach Frankreich, wo er 1971 an den Folgen einer Gelbsucht starb.
Mit dem Dadaismus habe man sich im Taumel zwischen den Weltkriegen orientieren wollen, sagt Regisseur Kupferblum. Gleichzeitig war der Kollaps des politischen Systems vorauszusehen. „Auch heute steuern wir auf eine globale Krise zu“, glaubt er. „Der Dadaismus auf der Bühne entspricht auch der Ratlosigkeit des 21. Jahrhunderts.“
7*Stern, Wien 7, Siebensterngasse 31, 5. 2., 20.15 Uhr.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2016)